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Landesblindenschule:Wertschätzend und weltoffen

Die Landesblindenschule in Neuwied blickt auf 125 Jahre zurück. Ein Fest hat auf Geschichte und Gegenwart geschaut.
Schülerin Mary (links) und Schüler Kim (rechts) zeigen Kathrin Schmitt von der Trierischen Tonpost ihre Buch-Übersetzungen in Einfache Sprache.
Datum:
18. Juli 2024
Von:
red

Neuwied. Wie feiert man 125 Jahre an einem Tag? Vor dieser Herausforderung standen Schul- und Einrichtungsleiterin Valérie Jülich-Albeck und ihr Team, die das Jubiläum der Blindenschule Neuwied auf die Beine gestellt haben.

„Es ist ein besonderer Tag für uns alle“, sagt die Rektorin bei der  Begrüßung der Gäste. Darunter die Staatssekretärin für Bildung in Rheinland-Pfalz, Bettina Brück, der Vizepräsident des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung, Michael Scharping sowie Neuwieds Oberbürgermeister Jan Einig. Die weiteste Anreise hatte die Direktorin der polnischen Partnerschule.

Das Gründungsjahr 1899 lässt Staatssekretärin Brück Revue passieren und kommt zu dem Ergebnis, das Beste in dem Jahr sei die Schulgründung gewesen, deren Ziel es war und ist, blinde und sehbehinderte Kinder zu fördern. Heute habe sie sich als Zentrum der Vielfalt mit einem multiprofessionellen Team etabliert. Die Einrichtung umfasst Frühförderung, Kita, Schule, Beratung und Unterstützung sowie ein Internat.

Schule ist aus Stadtbild nicht mehr wegzudenken

Schülerin Marie unterhält das Publikum mit dem Lied „Du und ich“ von Clueso. Sie genießt die Aufmerksamkeit. „Marie, du hast gesungen, getanzt und uns damit allen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert“, würdigt Moderatorin Anja Ait-Nouh. Das sei eine besondere Gabe der Schülerinnen und Schüler: Da das Sehen fehlt oder nur ein schwaches Sehvermögen vorhanden ist, haben viele das absolute Gehör. So auch Mina, die für ihren erkrankten Schulkameraden eingesprungen ist und ein Frühlingslied performt.

Wir sind bunt, kreativ, weltoffen und wertschätzend. Wir holen die Kinder dort ab, wo sie stehen, und sehen gleichzeitig den Fachkräftemangel als Herausforderung.

Einrichtungsleiterin Valérie Jülich-Albeck

Als Bereicherung empfindet Oberbürgermeister Jan Einig die Blindenschule in der Stadt. Dies bringt er auch mit einem Geschenk zum Ausdruck. „Ein Bild, das die Silhouette der Stadt zeigt,  aus der die Landesblindenschule nicht wegzudenken ist“, erklärt er.

„Wir sind bunt, kreativ, weltoffen und wertschätzend. Wir holen die Kinder dort ab, wo sie stehen, und sehen gleichzeitig den Fachkräftemangel als Herausforderung“, erläutert die Einrichtungsleiterin zum Ende des Festakts. Die geduldigen Schülerinnen und Schüler werden mit einem Sommer- und Spielfest belohnt. Viele ehemalige Schüler, Mitarbeitende und mit der Einrichtung verbundene Menschen waren der Einladung zum Geburtstag gefolgt.

Ehemalige staunen über Veränderungen

Oft wurde Jülich-Albeck angesprochen, etwa von Alex und Sandra aus der Nähe von Mainz. „Wir haben vor 25 Jahren die Schule besucht. Es ist besonders schön, dass man sich erinnern kann, und es ist superspannend zu sehen, welche Veränderungen es gegeben hat“, erzählen die beiden.

In den offenen Klassenräumen sind diese Veränderungen dokumentiert etwa in der Ausstellung  „Schule im Wandel der Zeit“. Mary (13) und Kim (11) aus der Klassenstufe fünf bis sechs haben in einem Projekt Bücher inklusiv gestaltet. „Wir haben das Buch ‚Lukas geht auf Weltreise‘ in ein Tastbuch und in Einfache Sprache übersetzt“, erklärt Mary.

Nur in einem Raum ist es auch an diesem Tag ruhig. „Wir befinden uns im Raum der Stille“, erklärt Förderschullehrerin Meike Drefs, die die Trauer-AG leitet. „Im Team von elf Mitarbeitenden, darunter zwei Seelsorger, begleiten wir in der Trauerarbeit. Da wir viele kranke oder beeinträchtigte Kinder unter uns haben, kommt es vor, dass wir uns von Kindern verabschieden müssen“, erklärt Drefs. Über die Trauer-AG besteht eine Kooperation mit dem Bistum Trier, das den Raum der Stille mit 2000 Euro bezuschusst hat.

Bis in den späten Nachmittag hält die gute Laune. Sicher trägt das Fest die Gemeinschaft weiter durch den Alltag, der oft geprägt ist von einer Außenseiterrolle.