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Trauer:Wenn die Worte fehlen

Was sage ich dem Kollegen, dessen Kind verunglückt ist? Wie gehe ich mit einer Kollegin um, deren Partner gestorben ist? Trauer am Arbeitsplatz ist für alle Betroffenen ein schwieriges Thema voller Fallstricke.
Wer bei einem Trauerfall Feingefühl unter Beweis stellt, bringt damit seine Wertschätzung für die Mitarbeitenden zu Ausdruck – ein nicht zu unterschätzendes Plus für den Betrieb.
Datum:
15. Sept. 2023
Von:
Christiane Laudage/KNA

„Was soll ich denn jetzt bloß sagen?“ Diese Frage wird der Trauerbegleiterin Petra Sutor nach eigenen Angaben am häufigsten gestellt. Mit dieser Frage sieht sich jeder konfrontiert – ob Kollege, Vorgesetzter oder Arbeitgeber–, an dessen Arbeitsplatz ein Trauerfall eingetreten ist. Trauer ist eine Herausforderung für ein Team, aber auch für die Chefetage. Denn wie mit dem trauernden Mitarbeiter umgegangen wird, wird auch von allen anderen zur Kenntnis genommen und hat maßgeblich Einfluss auf das Betriebsklima.

Zuhören und entlasten, nichts sagen

Trauer ist zutiefst individuell. Männer und Frauen trauen anders, das betont Trauerbegleiter Thomas Achenbach, der zu diesem Thema ein Buch veröffentlicht hat. Auch die religiös-kulturelle Verankerung einer trauernden Person ist von Bedeutung. Darauf weist Sutor hin, die in ihrem Buch erklärt, wie in anderen Religionen mit Tod und Trauer umgegangen wird. „Sie müssen nicht die perfekten Worte finden“, betont die Trauerbegleiterin. „Im Gegenteil. Es geht einfach nur ums Zuhören und Entlasten.“ Sie rät dazu, bei einer Tasse Kaffee zusammenzusitzen und zuzuhören oder auch einfach nichts zu sagen. Wenn man etwas sagen möchte, dann empfiehlt sie Ehrlichkeit statt dahingesagter Floskeln. Man dürfe auch die eigene Unsicherheit thematisieren, wenn man sein Mitgefühl bekundet.

Die meisten Trauernden möchten das Andenken an die verstorbene Person durch Erzählen wachhalten – das müssen Kolleginnen und Kollegen aushalten, so Sutor. Immer wieder zuzuhören, helfe der Person. Wichtig auch: fragen, was man für die trauernde Person tun kann. Sie aus der Isolation holen. Denn nach Erfahrung von Sutor fürchten trauernde Personen, sozial abgeschoben zu werden, wenn sich niemand traut, sie anzusprechen, aus Angst, das Falsche zu sagen.

Sie müssen nicht die perfekten Worte finden.

Trauerbegleiterin Petra Sutor

Wärme zeigen im persönlichen Umgang durch kleine Zeichen der Wertschätzung, das empfiehlt die Handwerkskammer Koblenz in ihrem Leitfaden zum Umgang mit Trauer am Arbeitsplatz. Das werde gerne angenommen, auch noch Monate nach dem Trauerfall. Denn: Trauer vergeht nicht von heute auf morgen. Kollegen wird empfohlen, die betroffene Person in Aktivitäten einzubinden – am Arbeitsplatz oder in der Freizeit.

Das Telefon klingelt, und ein Kollege erfährt am Arbeitsplatz, dass eine nahestehende Person gestorben ist. Der Leitfaden empfiehlt, die betroffene Person sofort an einen ruhigen Ort mit Privatsphäre zu bringen, wo sie betreut werden kann. Sutor rät dazu, die Sprachlosigkeit auszuhalten, die in diesem Moment entstehen könnte. Sie warnt davor, diese mit leeren Floskeln zu füllen, die möglicherweise schmerzen und im Gedächtnis bleiben könnten.

Ganz wichtig sei es dafür zu sorgen, dass sich die betroffene Person nun nicht selbst ins Auto setzt. Betroffene kommen in der Regel nicht nach ein oder zwei Tagen wieder voll einsatzfähig an den Arbeitsplatz zurück. Die Handwerkskammer Koblenz empfiehlt den Vorgesetzten, das Vorgehen mit der trauernden Person vorab zu besprechen. Möchte die Person auf den Todesfall angesprochen werden oder nicht? Dann sollte gemeinsam geklärt werden, wie am besten geholfen werden kann: zusätzliche bezahlte oder unbezahlte Trauertage, Entlastung am Arbeitsplatz, Anpassung der Arbeitszeiten oder, wenn möglich, Home Office?

Man will helfen, am liebsten richtig

Eine wichtige Rolle kommt vorgesetzten Personen zu. Nach der Erfahrung von Sutor wollen sie zumeist helfen, am liebsten „richtig“. Die Expertin empfiehlt, besonders im Fall von größeren Unternehmen, eine Art Leitfaden zu erarbeiten, den man dann, wenn es nötig ist, zur Hand nehmen kann. Handelt es sich um einen außergewöhnlichen Trauerfall, dann können auch Trauerbegleiter oder Seelsorger hinzugezogen werden.

 Fachleute empfehlen dringend Achtsamkeit und Wertschätzung statt „business as usual“, damit nicht der Eindruck entstehe, das Unternehmen sei wichtiger als der Tod des Kollegen. Das gilt besonders dann, wenn etwa nach dem Tod eines Mitarbeitenden dessen Schreibtisch, Rollcontainer oder Spind ausgeräumt werden müssen oder Aufgaben neu verteilt werden.

Wenn das Unternehmen vom Tod eines Mitarbeiters erfährt, dann sollte der Arbeitgeber nach Einschätzung von Sutor die unmittelbaren Kollegen direkt und persönlich informieren. Auf jeden Fall gehört es sich, an die Angehörigen ein persönliches Beileidsschreiben zu schicken, möglichst nicht auf Firmenbriefpapier, auf dem sich noch die Kontonummer des Unternehmens befindet. Die Trauerbegleiterin empfiehlt, im Unternehmen ein Kondolenzbuch auszulegen, das anschließend der Familie überreicht wird, und eine Gedenkfeier auszurichten.