Mit einem Friedensappell für die Ukraine und mit Warnungen vor einem ungebremsten digitalen Fortschritt hat Papst Franziskus am 30. April seine dreitägige Ungarn-Reise beendet. Vor rund 50 000 Menschen betete er nach einem Gottesdienst vor dem Parlament in Budapest inständig um Frieden für „das gepeinigte ukrainische Nachbarvolk und für das russische Volk“. Die Verantwortlichen rief er auf, „Frieden zu schaffen und den jungen Generationen eine Zukunft der Hoffnung und nicht des Krieges zu bieten; eine Zukunft voller Kinderbetten und nicht voller Gräber“.
Warnung vor der Macht der Algorithmen
Bei einem Treffen mit Wissenschaftlern in der Katholischen Universität von Budapest warnte er unmittelbar vor seinem Abflug vor einer Unterwerfung unter die Macht der Algorithmen und einer Beherrschung des Menschen durch die Technik.
Wenn das Gewinnstreben des Einzelnen und unersättlicher Informationsdrang dominierten, würden menschliche Bindungen zerstört. Schon zuvor hatte der Papst mehr als 10 000 Jugendliche eindringlich ermahnt: Sie sollten nicht zu Sklaven der Sozialen Netzwerke werden, die Realität im Sog des Virtuellen nicht vernachlässigen und nicht „am Handy kleben“.
Doch die Themenpalette der drei Franziskus-Tage in Ungarn war noch breiter. Die Aufnahme von Migranten und von Menschen am Rand der Gesellschaft mahnte Franziskus mehrere Male an, und er sprach sehr grundsätzlich über die Zukunft der EU und ihre Werte.
Mit Spannung war erwartet worden, wie sich Franziskus angesichts der abschottenden Migrationspolitik von Ministerpräsident Viktor Orban und seiner Konflikte mit den supranationalen Behörden in Brüssel äußern würde. Das Ergebnis war eine erstaunliche Mischung von viel Lob und etwas Tadel.
Der Papst zeigte sich begeistert über die Familienförderung in Ungarn. Auch unterstützte er Orban bei dessen Widerstand gegen eine „woke“ Einheitsideologie, zu der aus Sicht des Papstes ein „Recht auf Abtreibung“ und eine Infragestellung natürlicher Geschlechterunterscheidungen gehören.
Die Mahnungen des Papstes gegen das Gender-Denken und gegen den Supranationalismus wurden in Ungarns Nachrichtensendungen dutzende Male wiederholt.
Ausländische Medien hingegen hoben die – sicher auch an die Adresse Orbans gerichtete – Kritik des Papstes an national-populistischen Politikern hervor, die den europäischen Traum bedrohten.
Den Papst als Verbündeten wahrgenommen
Dennoch überwog in der Wahrnehmung der ungarischen Gastgeber das Lob. Der Papst habe gezeigt, dass er ein „Verbündeter“ des in der EU manchmal isolierten Landes sei und dass er Ungarn liebe, sagte der ungarische Vatikan-Botschafter Eduard Habsburg vor Journalisten.
Ungewöhnlich war die offensichtlich sehr herzliche Beziehung des Papstes zu der 40 Jahre jüngeren Staatspräsidentin Katalina Novak, die mit ihm charmant auf Spanisch plauderte und scherzte. Auch ein Selfie-Foto des Papstes mit ihr entstand dabei.
Mit besonderem Nachdruck wandte er sich an die Bischöfe und Priester und mahnte sie: „Der Hirte unterdrückt die ihm anvertraute Herde nicht, er ,raubt‘ seinen Brüdern und Schwestern, die Laien sind, nicht ihren Bereich, er übt kein rigides Regiment.“
Viel deutlicher hätte er kaum sagen können, wie er die kirchliche Wirklichkeit in Ungarn wahrnimmt und in welche Richtung er sie verändern will.