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Geschichte:Reguliert, verboten und geschätzt

Unter dem Titel „Das Vergnügen der kleinen Leute zwischen Förderung und Verboten“ hat Kirchengeschichtler Professor Bernhard Schneider in Waxweiler über die Entwicklung der Echternacher Springprozession und anderer Wallfahrten im Laufe der Jahrhunderte referiert.
Prof. Bernhard Schneider bei seinem Vortrag im Dechant-Faber-Haus auf Einladung der Katholischen Erwachsenenbildung Westeifel.
Datum:
15. Mai 2024
Von:
Michael Fischer

Waxweiler. Die Springprozession zum Grab des heiligen Willibrord in der ältesten Stadt Luxemburgs sowie die zu Pfingsten von Prüm über Waxweiler dort hinführende Fußwallfahrt spielen für die Eifeler Bevölkerung nach wie vor eine bedeutende Rolle. Um den Hintergrund dieses speziellen Glaubenszeugnisses weiter zu vertiefen, hatte das Bildungswerk Waxweiler der Katholischen Erwachsenenbildung Westeifel zu einem Fachvortrag mit dem Inhaber des Lehrstuhls für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit an der Theologischen Fakultät Trier ins Dechant-Faber-Haus eingeladen, zu dem rund 30 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer kamen und an den sich eine rege Diskussion anschloss.

Laut Professor Schneider wird in den Biografien von St. Willibrord, dessen Missionstätigkeit tief mit Echternach verbunden ist, ab dem 12. Jahrhundert von regelrechten Pilgerströmen zum Grab des Heiligen berichtet. Mit der Abtei rechtlich verbundene Gemeinden seien sogar zur Prozession mit Abgaben verpflichtet gewesen. Das Einzugsgebiet habe sich weit in die Eifel hinein bis in den Raum Manderscheid erstreckt, mit einem Zentrum in der West- und Südwesteifel.

Die Springprozession – ein Import aus Waxweiler

Von einer springenden Prozession, deren genaue Hintergründe unklar sind, berichteten die Quellen erst 1497. Dabei handele es sich allerdings nicht um eine „Echternacher Spezialität“, sondern vielmehr um einen Import der Eifelpfarrei Waxweiler, der sich im Laufe der Zeit weitere Gruppen aus dem Echternacher und Prümer Raum angeschlossen hätten. Noch weitgehend unerforscht sei dagegen eine Springprozession, die am Freitag nach Christi Himmelfahrt von Prüm aus stattgefunden habe. Auch hier seien es – von vereinzelten Ausnahmen aus anderen Pfarreien abgesehen – allerdings erneut vor allem die Angehörigen der Pfarrei Waxweiler gewesen, die das Springen praktiziert hätten.

Nach Angaben des Kirchenhistorikers hatten sich die Erzbischöfe im 17. Jahrhundert zur Aufgabe gemacht, strengere kirchliche Regeln zu erlassen für Wallfahrten, die die eigene Pfarrei verlassen, um zu einem wichtigen religiösen Zentrum zu kommen. Ein weniger frommes Freizeitverhalten wie Tanzen, Essen und Trinken, das Austauschen von Neuigkeiten beim Marsch in lockeren Gruppen oder das Knüpfen von Bekanntschaften bis hin zu sexuellen Abenteuern sollte dadurch verhindert werden. Allerdings seien Kontrollen weitgehend ausgeblieben.

Unter Erzbischof und Kurfürst Clemens Wenzeslaus seien Prozessionen und Wallfahrten, die länger als einen Tag dauerten, gegen Ende des 18. Jahrhunderts gänzlich verboten (jedoch nicht gänzlich eingestellt) worden. Ab den 1840er-Jahren hätten sie eine neuerliche Wertschätzung erfahren – allerdings unter strikter klerikaler Kontrolle. Das bekannteste Symbol dafür war laut Schneider die Heilig-Rock-Wallfahrt von 1844, die der aus dem Eifelort Badem stammende Bischof Wilhelm Arnoldi ausgerufen hatte.

Aus Sicht des emeritierten Professors Andreas Heinz aus Auw an der Kyll wirkte die Wiederbelebung der Fußwallfahrt zum Willibrordusgrab durch die Pfarrei Waxweiler im Jahr 1860 wie ein Signal, dem die Prümer Teilnehmer unter der Führung von Johann Jakob Perrad ein Jahr später gefolgt seien. Bis heute organisieren die Brudermeister die gemeinsame Prozession in die luxemburgische Abteistadt und begleiten sie als Vorbeter. Sie stellt eine besondere Art religiöser Praxis dar, die trotz der immer säkularer werdenden Zeit ihren eigenen Charakter bewahrt hat.