Denkmalschutz:Kleine Kapelle – große Hoffnung

Eigentlich arbeiten sie in Archiven, in der Archäologie oder im Museum als Freiwilligendienstleistende (FSJ) im Bereich Denkmalpflege. Doch für zwei Wochen hatten sie einen gemeinsamen Einsatzort: das Ahrtal.
Insgesamt 300 Freiwillige haben bis zum 23. Juni im Rahmen des Fluthilfecamps der Deutschen Stiftung Denkmalschutz an 17 Denkmal-Baustellen entlang des Flusses gearbeitet, der im Juli 2021 Menschen das Leben kostete und viele Gebäude zerstörte. Auch die kleine Marienkapelle in Mayschoß wurde von den jungen Menschen unter Anleitung von Experten wiederhergestellt.
Erfahrene Fachanleiter an der Seite der Jugendlichen
Das Dach fehlt, ebenso Teile des Giebels, Boden und Putz sind schmutzverkrustet – das Bild wird sich in den kommenden Tagen noch ändern. Mit Restaurator Dr. Uli Eltgen und Maurermeister Andreas Schael haben die zehn Jugendlichen an der Baustelle „Marienkapelle“ erfahrene Fachanleiter an ihrer Seite. Gemeinsam gilt es, die alten Farbschichten zu untersuchen, ein Tonnengewölbe zu mauern, einen Dachstuhl mit Schiefereindeckung zu zimmern und ein Sandsteinportal aufzusetzen.
Ich bin gespannt, wie es aussieht, wenn wir fertig sind.
Merle
„Wir sind guter Dinge, dass das innerhalb der vorgegebenen zwei Wochen fertig wird“, ist die 19- jährige Lena aus Halle (Saale) optimistisch. „Ich bin gespannt, wie es aussieht, wenn wir fertig sind“, sagt ihre Kollegin Merle, die eigentlich ein FSJ bei einem Raumausstatter macht, der historische Sitzmöbel aufpolstert. „Ich finde es voll spannend, das mal mitzuerleben und mitzumachen“, erklärt die 20-Jährige.
Freude an der Arbeit hat auch Fachanleiter Schael. An einer Kapelle zu arbeiten, sei schon etwas Besonderes, sagt der Maurermeister aus Quedlinburg (Sachsen-Anhalt): „Es ist ein vergeistigtes Bauwerk und dient ja auch der geistigen Erbauung.“ Er geht davon aus, dass das Gebäude religiös geprägten Menschen sicher viel bedeute.
Sägen und Hämmern bleiben nicht lange unbeobachtet: Personen aus der Nachbarschaft bringen alte Fotos vorbei und liefern weitere Informationen. „Da merkt man, wie Leute Anteil nehmen und das begleiten. Das sind schöne Gänsehautmomente“, berichtet der Maurermeister, der zum ersten Mal an der Ahr ist.
Auch Merle hat solch einen Moment erlebt: „Gestern kam jemand mit dem Fahrrad vorbei, hat den Daumen gehoben und gesagt: ‚Top, ist ja klasse, was ihr hier macht!‘.“ Dabei gibt es im Ahrtal noch viel zu tun, noch sind längst nicht alle Privathäuser wieder bewohnbar oder kommunale Gebäude nutzbar. Sich trotzdem um denkmalgeschützte Gebäude zu kümmern, findet Thomas Mertz, Leiter der Pressestelle Deutsche Stiftung Denkmalschutz, wichtig: „Zum Beispiel die kleine Marienkapelle hier in Mayschoß, die hat eine große Bedeutung für die Leute und ist ein Hoffnungszeichen.“
Eigene Herkunft soll nicht verloren gehen
Die Kapelle und auch weitere Baudenkmäler prägten das Gesicht des Ahrtals. „Wenn die verloren gehen, verliert man auch ein Stück seiner eigenen Herkunft.“ Daneben kümmere sich das Fluthilfecamp auch um viele denkmalgeschützte Wohnhäuser. Aktuelle und auch ehemalige Freiwilligendienstleistende im Bereich Denkmalpflege – auch Jugendbauhüttler genannt – verbringen jeweils eine Woche im Fluthilfecamp. Das Camp in Trägerschaft des internationalen Jugendgemeinschaftsdienstes befindet sich in Mayschoß. „Das Zusammentreffen mit den ganzen Menschen und der Austausch haben mir am meisten Spaß gemacht, aber natürlich auch das Helfen“, resümiert Merle beim Blick auf „ihre“ Marienkapelle.