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Chorsingen für das Wohlbefinden

Psychische Probleme nehmen zu, Therapeuten haben oft lange Wartezeiten. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, das eigene psychische Wohlergehen zu unterstützen. Nicht immer muss es gleich Therapie sein.
Auch wenn die Welt oft trüb und grau aussieht, jeder kann versuchen, sein psychisches Wohlbefinden zu stärken und seiner Seele Gutes zu tun
Datum:
15. Nov. 2023
Von:
Angelika Prauß

Depressionen, Angst- oder Essstörungen, Süchte, Zwänge, Autismus, ADHS – Menschen mit psychischen Erkrankungen werden oft gemieden und abgestempelt. Dabei gehören psychische Erkrankungen zu einem normalen Leben. Das betonen die Psychotherapeuten Andreas Ströhle, Janina Rogoll und Thomas Fydrich in ihrem Ratgeber „Die Seelen-Docs. Was Sie über psychische Gesundheit und Krankheit wissen sollten“.

Eine entglittene Psyche habe etwas Massives, Bedrohliches, ja Unkontrollierbares, schreiben die Experten. Jede seelische Erkrankung sei ein ernst zu nehmendes Gesundheitsproblem. Deshalb möchten sie diesen Erkrankungen ihren Schrecken nehmen.

„Jeder von uns kann jederzeit etwas für sein psychisches Wohlbefinden tun"

Bis die Betroffenen aber ein Vorgespräch für eine Psychotherapie bekommen, können oft viele Wochen und Monate vergehen. Das Buch kann mit vielen Anregungen und praktischen, einfach umzusetzenden Tipps für den Alltag dabei helfen, diese Zeit zu überbrücken – oder andere Strategien zur Linderung zu finden. Schließlich gibt es vieles, was man in dieser Situation selbst tun kann oder auch Familie und Freunde. Denn, so eine Botschaft der Autoren: „Jeder von uns kann jederzeit etwas für sein psychisches Wohlbefinden tun und seine Seele behandeln, wenn sie krank ist.“ Das nötige Rüstzeug und informative Hintergründe liefern die Therapeuten in ihrem leicht verständlichen Ratgeber gleich mit.

Jeder von uns kann jederzeit etwas für sein psychisches Wohlbefinden tun und seine Seele behandeln, wenn sie krank ist.

So stellen sie die enge Verbindung von Körper und Psyche heraus, die sich gegenseitig beeinflussen. Beispiel Bewegung. Diese kann wie ein Heilmittel wirken. Sich moderat sportlich zu betätigen – mindestens 150 Minuten pro Woche – sorgt für gute Laune, hilft Stress abzubauen und ist gut fürs Selbstwertgefühl. Umgekehrt kann ein ständiger Mangel an Aktivität, stundenlanges Sitzen auf dem Bürostuhl und anschließendes Ausruhen auf dem Sofa zu Niedergeschlagenheit und deprimierenden Gedanken führen. Um all die positiven Effekte zu erzielen, sollte aber ein Sport gefunden werden, der Spaß macht. Experimentieren mit neuen Bewegungsformen ist dabei ausdrücklich erwünscht

Steter Tropfen höhlt den Stein – nicht nur für eine bessere Fitness und Beweglichkeit, sondern generell für gesündere Lebensgewohnheiten. Bis sich diese gebildet haben, ist Geduld gefragt. Schließlich dauert es, bis aus ersten Anläufen eine neue Routine entsteht. Das gilt auch für die Ernährung, die wiederum einen großen Einfluss habe auf Körpergefühl, Gefühle und Stressresistenz. Schlüsselbegriffe sind hier Abwechslung, Ausgewogenheit und Frische; bevorzugt pflanzliche und eiweißreiche Kost. Und auch hier sollten die Ziele klein und machbar sein – etwa der Vorsatz, jede Woche ein neues, gesundes Gericht auszuprobieren.

Ein Gottesdienstbesuch, um sich besser zu fühlen?

Religiosität und Spiritualität tragen aus Expertensicht ebenfalls zu psychischem Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit bei. Der Glaube an eine übergeordnete Macht, die Lektüre religiöser Texte oder auch ein Gottesdienstbesuch können demnach in Krisen helfen und Stress reduzieren. Dies gelte besonders bei schweren Erkrankungen oder Krankheitsverläufen, existenziellen Fragen oder Selbstzweifeln.

Das Autorenteam weist darauf hin, dass die Angebote der Kirche – ein Seelsorgegespräch, eine Krabbel- oder Trauergruppe – auch Menschen offenstehen, die nicht religiös sind. Sich zu einer Gemeinschaft zugehörig zu fühlen, Gruppenangebote zu nutzen, im Chor zu singen oder selbst ehrenamtlich aktiv zu werden, wirke der sozialen Isolation entgegen. „Die Kirchen mit ihren Gemeinden bieten viele Chancen, um mit den verschiedensten Menschen ins Gespräch zu kommen, sinnvoll Zeit zu verbringen, sich zu engagieren oder selbst Unterstützungsangebote in Anspruch zu nehmen.“

Sich eine Wahlfamilie schaffen

Egal ob in der Pfarrgemeinde, in der Nachbarschaft oder im Freundeskreis – als soziales Wesen braucht jeder Mensch für sein psychisches Wohlergehen ein gutes, unterstützendes soziales Netzwerk. Aber neue Freunde wollen gefunden werden, sie klingeln nicht einfach an der Wohnungstür. Eigene Interessen – Hobbys, Sport, die Gassirunde mit dem Hund – sind aus Erfahrung der Therapeuten eine gute Ausgangsbasis, um neue Menschen kennenzulernen. Und anders als bei Blutsverwandten kann man sich in einer Wahlfamilie wohlwollende Menschen und Bezugspersonen selbst aussuchen – im besten Fall sind sie eine gute Ergänzung zur eigenen Familie.

Ein gutes soziales Umfeld hilft auch, Alltagsbelastungen besser zu verkraften. Für viele hört der Stress aber auch in der Freizeit nicht auf. Nicht wenige verlieren sich beim Surfen im Internet, beim Fernsehen oder in den Sozialen Medien. Diese Informationsfülle ist aber nicht mehr zu verarbeiten und führe zu weiterem Stress. Andere verplanen jede freie Minute mit Aktivitäten und Treffen, die sie nur noch abarbeiten. Die Experten raten, sich auf Aktivitäten und Menschen zu fokussieren, die einem wirklich gut tun, und mit ihnen Zeit zu verbringen.