Jahrestag:Auf heutige Weise weiterführen
Graf, Mitglied der „Weißen Rose“, war am 12. Oktober 1943 von den Nationalsozialisten wegen seiner Beteiligung an den Flugblättern, nach über 250 Tagen in der Todeszelle hingerichtet worden. Neben Weihbischof Franz Josef Gebert nahmen die saarländische Landtagspräsidentin Heike Becker, Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt, der französische Generalkonsul im Saarland, Sebastién Girard, und die Großnichte von Willi Graf, Juliane Baez, an den Gedenkveranstaltungen teil.
„Willi Graf, seine Mitstreiter und auch andere traten ein für das Ende eines sinnlosen Krieges, einer menschenverachtenden Diktatur. Sie traten aber auch ein für die Freiheit der persönlichen Entfaltung, für Menschlichkeit, Toleranz, Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit. Den Einsatz für diese Werte hat Willi Graf mit seinem Leben bezahlt“, sagte Oberbürgermeister Conradt. Er erinnerte daran, dass Willi Graf, der im Alter von vier Jahren mit seiner Familie nach Saarbrücken gezogen war, vor genau 20 Jahren posthum zum Saarbrücker Ehrenbürger ernannt worden war. „Unsere Demokratie ist auch heute in Gefahr“, warnte er, „jeder Einzelne trägt auch Verantwortung für unser Land und unsere Demokratie, genau wie Willi Graf gesagt hat: Jeder Einzelne trägt die ganze Verantwortung.“
Mut und Entschlossenheit gelobt
Landtagspräsidentin Becker betonte ebenfalls die Bedeutung Willi Grafs für die heutige Gesellschaft. Sie zitierte aus seinen Briefen und lobte seinen Mut und seine Entschlossenheit auch angesichts des Todes: „Graf kämpfte für die Freiheit und gegen Ungerechtigkeit. Er kämpfte gegen Rechtsextremisten, die heute wieder gewählt werden. Jeder hat das Recht und die Verantwortung, sich gegen verfassungsfeindliche Kräfte zu stellen.“
Juliane Baez, die nach Saarbrücken gekommen war, dankte im Namen ihrer Familie den Verantwortlichen für ihr Engagement in der Erinnerungsarbeit. Sie hatte den Vormittag mit Schülerinnen und Schülern der Willi-Graf-Schulen verbracht. „Was hätte ich Willi gefragt?“, hätten die Schüler von ihr wissen wollen. „Vielleicht, wie er es geschafft hat, diese Stärke und diesen Mut aufzubringen“, meinte sie. Auch sie kenne Willi nur aus vielen Erzählungen der Familie. „Wir können versuchen, sein Werk weiterzuführen auf andere Weise“, sagte sie.
Wir feiern an diesem Tag auch seinen festen Glauben, der – wie sein Tagebuch und seine Briefe zeigen – für ihn enorm wichtig war.
Jugendpfarrer Thomas Hufschmidt
Die Gedenkfeier auf dem Friedhof wurde musikalisch umrahmt von einer Bläsergruppe der Willi-Graf-Schulen. Schülerinnen und Schüler des Saarbrücker Ludwigsgymnasiums, an dem Graf sein Abitur machte, lasen aus den Flugblättern der „Weißen Rose“.
Zu Beginn des Gedenkgottesdienst um 17 Uhr – der Todesstunde Willi Grafs – läuteten zwei Schüler des Ludwigsgymnasium die vor drei Jahren eingeweihte Willi-Graf-Glocke im Turm der Jugendkirche eli.ja. Täglich läuten Freiwillige diese Glocke, um so weithin hörbar an den Widerstandskämpfer und seine Mitstreiter zu erinnern. „Wir feiern an diesem Tag auch seinen festen Glauben, der – wie sein Tagebuch und seine Briefe zeigen – für ihn enorm wichtig war“, sagte Jugendpfarrer Thomas Hufschmidt. Der Gottesdienst, den Schülerinnen und Schüler des Ludwigsgymnasiums sowie der Willi-Graf-Schulen mitgestalteten, griff Bibelpassagen auf, die für Willi Graf entsprechend seiner Aufzeichnungen eine hohe Bedeutung hatten.
Mit dem Gottesdienst endete die Veranstaltungsreihe anlässlich des 80. Todestags und des 20-jährigen Bestehens der Ehrenbürgerschaft, zu der die Landeshauptstadt mit der katholischen Kirche St. Johann, der Jugendkirche eli.ja, dem Ludwigsgymnasium und den Willi-Graf-Schulen eingeladen hatte.