Der heute 82-jährige frühere Erzabt der Abtei St. Ottilien fungierte von 2000 bis 2016 als oberster Repräsentant der weltweiten benediktinischen Gemeinschaft, der rund 7500 Mönche und 16 500 Ordensfrauen angehören. In Püttlingen sprach er am 28. April auf Einladung des Klosters und der Saarbrücker Union-Stiftung vor rund 80 Interessierten über das Thema „Bedeutung der Klöster in unserer Zeit“.
Die Ordenslandschaft sei heute in einem enormen Umbruch, stellte Wolf fest und warnte vor einer rein funktionalen Bewertung. Viele der bisherigen Aufgaben, von der Krankenpflege über den Schuldienst bis zur Mission, könnten die Gemeinschaften heute nicht mehr leisten. Aber das Ordensleben sei eine „eigene Dimension des kirchlichen Lebens“. Ohne sie würde die Kirche einen wichtigen Teil ihrer spirituellen Seite verlieren. Orden dürften daher nicht „verzweckt“ werden.
Wir sind in der Hand Gottes. Was kann uns da passieren?
kkk
In der Kirche habe man lange „Gesetze gebaut, die man erfüllen musste“. Die Spiritualität, „die eigentliche Dimension“ sei dabei leider oftmals vergessen worden. „Es wurde auf Gehorsam gepocht. Damit haben wir es heute nicht mehr“, sagte der gebürtige Allgäuer. Er kritisierte, dass die Kirche mit dem Freiheitsdrang der Menschen nicht zurechtkomme und keine Antwort finde. Dabei brauchten die Gläubigen doch keine Angst zu haben. „Wir sind in der Hand Gottes. Was kann uns da passieren?“, fragte Wolf.
Bei der notwendig gewordenen Abwicklung vieler Klöster müsse man für die alten Ordensleute sorgen, sagte der langjährige Abtprimas der ältesten christlichen Ordensgemeinschaft, warnte aber auch vor „Alterssturheit“, die von den Jüngeren fordere, dass alles weiter so gemacht werde wie zuvor. Die junge Generation müsse mitentscheiden – gerade angesichts der bisherigen Strukturen, die jetzt Probleme bereiteten.
Hoffnungsvolle Impulse aus den Ländern des Südens
Große Erwartungen hat Wolf an das Wirken der Christinnen und Christen, die aus den ehemaligen Missionen in Ländern des Südens zu uns kommen. „Sie bringen enormes Leben mit, Gemeinschaft, Begeisterung und unmittelbaren Zugang zum Glauben. Da können wir voneinander oder noch besser miteinander lernen.“ Denn die Erneuerung der Kirche komme „vom Geist Gottes her, nicht von schlauen Plänen“. Gebraucht werde wieder eine „demütige, hörende und dienende Kirche“. Damit falle „viel Lack und Macht“ weg: „Jesus war keine Eminenz, aber unsere Kardinäle sind es“, sagte Wolf. Es brauche eine Kirche, „die hinhört“. Da hätten die Orden eine große Chance. Ein „großer Aufbruch“ sei nötig, damit „wir das Evangelium wirklich leben“; „bescheiden da sind für alle Menschen“ und „miteinander suchen“, forderte Wolf. Dann werde die Kirche wieder glaubwürdig und habe eine Chance. Es müsse um eine „geistliche Zukunft“ gehen. Die Kirche brauche geistliche Zentren, wo die Gläubigen erleben können, dass es noch anderes gebe als diese Welt.
„Wir müssen bescheiden unsere Werte leben“, schlug Wolf vor. Das sei nicht selbstverständlich, denn das Zusammenleben der Menschen sei nicht einfach. Hier sei es Aufgabe der Ordensleute, Sauerteig zu sein für Frieden und Aussöhnung. „Wir müssen die Barmherzigkeit Gottes leben und verkörpern. Nur so werden wir freie und frohe Menschen. Das ist etwas Wunderbares“, sagte der Benediktiner. Deshalb brauche die Kirche für die Zukunft eine „spirituelle Dimension – in den Gemeinden, in den Familien, und in den Nachbarschaften“.