Wein:Sanierung mit Hilfe von Riesling
Hermeskeil. Wenn Dechant Christian Heinz vor der Pfarrkirche St. Martinus steht, tut ihm nach eigener Aussage das Herz weh: Das 1868 erbaute Gotteshaus braucht dringend Hilfe. Risse in der Fassade, das Dach ist marode. „Für mich ist das eine ehrliche Kirche, die den Zustand der Katholischen Kirche spiegelt“, sagt der Dechant.
Vor zwei Jahren war ein Bausachverständiger des Bistums vor Ort. „Seine Prognose lautete, innerhalb von fünf bis zehn Jahren müssten stabilisierende und erneuernde Maßnahmen ausgeführt werden.“ Die Kosten nur für Dach und Fassade wurden auf 1,5 Millionen Euro geschätzt. 60 Prozent würden vom Bistum getragen, den Rest – gut 700.000 Euro – müsste die Pfarrei stemmen.
„Rücklagen gibt es keine, wir haben seit Jahren ein Defizit“, seufzt der Dechant, der aber nicht kampflos aufgeben wollte und mit der Hermeskeiler Bürgerschaft auf Ideensuche ging. „Bei der Hermeskeiler Stadtwoche kam ich mit einer Mitarbeiterin der Bischöflichen Weingüter ins Gespräch. Sie hatte die Idee für einen Charity-Wein.“
War mit den Weingütern der erforderliche Rohstofflieferant im Boot, fehlte noch ein zündender Name. Der fiel Dechant Heinz ein: „Die Kirche schön trinken“. Durch die Alleinstellung der Worte „schön“ und „trinken“ – die weniger schöne, da doppeldeutige Schreibweise in einem Wort wurde gekonnt vermieden – ist der Sinn der Aktion herausgearbeitet.
Bundesweite Resonanz auf originelles Etikett
Dass sich der Erfolg gerade durch diese Doppeldeutigkeit fördern lässt, stellten alle Beteiligten rasch fest. „Als wir das Etikett und das Projekt in den Sozialen Medien vorgestellt haben, ist beispielsweise der Bayrische Rundfunk darauf aufmerksam geworden und hat das in eine Comedy-Sendung eingebaut. Bei der ,dennoch – Konferenz für Neues in der Kirche‘ in Paderborn wurde das Etikett zitiert. Das ,Dom-Radio‘ ist darauf angesprungen, und die Katholische Nachrichten-Agentur hat das Thema bundesweit in Umlauf gebracht“, freut Heinz sich.
Erwin Engel von den Bischöflichen Weingütern ist ebenfalls begeistert von der pfiffigen Idee. Der Vinotheksleiter weiß von etlichen Anfragen, die er nach Hermeskeil an das dortige Pfarrbüro weiterleitete. „5.000 Flaschen mit feinherbem Gutsriesling aus dem Jahrgang 2022 wurden abgefüllt, die sich nun komplett in der Pfarrei befinden“, informiert Engel. Für den Fall, dass der Wein rasch ausverkauft sein sollte, könne man sicherlich Nachschub liefern.
Der Wein ist ein toller Kommunikator, über den wir mit sehr vielen Menschen ins Gespräch kommen können.
Christian Heinz
Der Dechant ist zuversichtlich, dass die 5.000 Flaschen unter das Volk gebracht werden können: Aus der Pfarrei gebe es bereits eine gute Nachfrage, zudem seien verschiedene Verkaufsaktionen in Planung. Sehr gut arbeite man mit der Stadtverwaltung und anderen Gremien zusammen. „Wer mag, kann unseren Wein auch in der Tourist-Information kaufen.“
Der Preis pro Flasche liegt bei zehn Euro. „Davon bekommen wir etwas mehr als die Hälfte für unser Vorhaben“, informiert Heinz. Er weiß natürlich, dass durch den Weinverkauf allein das nötige Geld nicht erzielt werden kann. „Aber der Wein ist ein toller Kommunikator, über den wir mit sehr vielen Menschen ins Gespräch kommen können.“
Oft werde er gefragt, wie die St. Martinus-Kirche in 20 Jahren aussehen werde. „Da muss ich wie jeder Mensch passen. Wohl aber denke ich, dass hier eine multifunktionale Nutzung gegeben sein wird. Das wäre kein schlechter Weg, denn eine Kirche wurde für alle Menschen gebaut. Da darf es keine Denkverbote geben.“