© Sarah Schött
6. Mai 2024
© Sarah Schött
Püttlingen. Geiss wuchs in Wilhelmsdorf (Baden-Württemberg) auf. Mit zwölf Jahren hatte sie „eine nicht so gute Phase“. Sie selbst beschreibt ihre Rebellionszeit als „ein bisschen extremer“ – inklusive eines neuen Freundeskreises, viel Party und viel Alkohol. „Damals dachte ich, das sei der absolute Jackpot. Heute weiß ich, dass es nicht so gesund für meine Seele und mein Herz gewesen ist“, blickt die 21-Jährige zurück.
Irgendwann zieht Geiss, selbst evangelisch, einen Schlussstrich und trennt sich von ihrem alten Freundeskreis. Im Bus nach Ravensburg trifft sie jeden Morgen auf zwei Christinnen, die sie einladen zu Gottesdiensten, Jugendevents, Freizeiten. „Und ich dachte mir: ,Meine Güte, ihr Christen seid so langweilig, eingefahren, ich möchte überhaupt nichts mit euch zu tun haben.‘ Heute weiß ich, wie bunt Kirche sein kann.“ Trotz anfänglicher Zweifel folgt sie der Einladung – anfangs eher, um endlich Ruhe zu haben. Doch was sie findet, überzeugt sie. Oder wie Geiss es ausdrückt: „Ich hatte das erste Mal außerhalb meiner Familie das Gefühl, gesehen und geliebt zu werden, ohne etwas dafür tun zu müssen.“
Das, was ich als junger Mensch erlebt habe, außerhalb von Familie und Schule einen Ort zu finden, wo ich aufblühen kann und gefördert werde, das hat in mir ein Feuer entfacht.
Kira Geiss
Vor gut 60 Interessierten im Kloster Püttlingen erzählt Kira Geiss, wie sie selbst durch den Glauben Heilung erfahren durfte. Und wie sie davon im Rahmen ihres Miss-Germany-Titels auch anderen erzählen möchte. „Das, was ich als junger Mensch erlebt habe, außerhalb von Familie und Schule einen Ort zu finden, wo ich aufblühen kann und gefördert werde, das hat in mir ein Feuer entfacht. Ich wünsche mir, das anderen Menschen auch zu ermöglichen. Das ist der Grund, warum ich heute tue, was ich tue.“
Modelaufträge macht Miss Germany 2023 nicht. Sie arbeitet lieber konkret mit jungen Menschen. „Mit dem Gnadauer Verband, ein großer christlicher Verband der evangelischen Kirche, bei dem ich als Jugendbeauftragte angestellt bin, reise ich durch ganz Deutschland, gebe Unterricht in Schulen, arbeite mit Konfirmandengruppen, besuche Gemeinden oder trete bei Jugendfestivals auf.“
Auch wenn das Publikum an diesem Abend nicht nur aus jungen Menschen bestand, war eine wiederkehrende Frage: Warum haben junge Menschen Berührungsängste mit Kirche? Auch dazu hat Geiss Ideen. Viele Menschen dächten bei Kirche zuallererst an den Gottesdienst. „Für mich ist Gottesdienst die intimste Sache, die wir als Kirche leben. Das ist Anbetung für Gott. Wir können nicht erwarten, dass Menschen, die nichts mit dem Glauben zu tun haben, sagen: ,Ich setz mich da rein, obwohl ich das nicht glaube, und mache jetzt eine, zwei Stunden Anbetung‘.“ Wichtig sei zu fragen, wie Räume gestaltet werden können für Menschen, die noch nicht in der Kirche beheimatet seien. „Dürfen wir da nicht vielleicht ein bisschen ,out oft he box‘ denken?“ Es gehe darum, nicht die Werte zu verändern, sondern den Rahmen anzupassen, „damit Leute sich zu Hause fühlen und das Gefühl haben, wir haben Interesse an ihnen, und sie müssen sich nicht verstellen für uns.“
Dr. Harald Cronauer, Mitorganisator des Abends, dankte Miss Germany 2023 für ihre offenen Worte. Danach fand in der Klosterkirche ein Jugendgottesdienst mit Liveband statt, der das Motto der Veranstaltung „Wofür brennst du“ aufgriff. Anschließend hatten die mittlerweile knapp 100 Interessierten die Gelegenheit, bei einem Imbiss mit Kira Geiss ins Gespräch zu kommen – was rege genutzt wurde. Alt wie jung freuten sich über das persönliche Glaubenszeugnis.
Das Glaubenszeugnis war wirklich hörenswert. Es begeistert mich, wenn junge Menschen für etwas brennen, vor allem auch für Gott.
Elfi Baldes
So etwa Noah Färber. Der 18-Jährige interessierte sich für die Veranstaltung, „weil es etwas Neues, Außergewöhnliches in der Kirche ist.“ Zwar kannte er Kira Geiss vorher nicht, aber: „Es war sehr ansprechend, gut gestaltet und informativ.“
Auch Klara Speicher und Lenny Nicola, beide 15, kannten zwar das Miss-Germany-Format, Kira Geiss bis zu diesem Abend jedoch nicht. „Meine Oma hat mir erzählt, dass das hier stattfindet. Da hab ich mir gedacht, dass ich meine beste Freundin mitschleppe und wir uns das mal anschauen. Kira ist wirklich sehr lieb“, resümiert Klara.
Doch nicht nur bei den Jugendlichen haben Miss Germany und die Veranstaltung einen guten Eindruck hinterlassen. „Mich hat interessiert, wie jemand, der im Rampenlicht steht, so intensiv glauben kann. Das Glaubenszeugnis war wirklich hörenswert. Es begeistert mich, wenn junge Menschen für etwas brennen, vor allem auch für Gott“, resümiert Elfi Baltes (71).
Ein weiterer Programmpunkt des Abends: eine Podiumsrunde mit Priesteramtskandidat Antonio Jagodin, Gemeindereferentin Rebecca Benahmed von der Kirche der Jugend eli.ja aus Saarbrücken sowie Schwester Mercy Marattukulam Varghese vom Kloster Heilig Kreuz und natürlich Miss Germany Kira Geiss. Das Publikum hatte im Vorfeld bereits die Gelegenheit, Fragen an die Podiumsgäste zu notieren. So wollte etwa ein Gast von Antonio Jagodin wissen, ob die katholische Kirche Zukunft hat. „Eindeutig ja. Wenn sie auf Jesus Christus aufgebaut ist, hat sie eine Zukunft, wenn sie auf uns aufgebaut ist, hat sie keine. Wenn Jesus unser Herz berührt und das ist, woran wir glauben, hat jede christliche Kirche eine Zukunft“, ist sich der künftige Priester sicher.
An Rebecca Benahmed ging die Frage, welcher Aspekt ihr an ihrer Arbeit am meisten Spaß mache. Ähnlich wie bei Kira Geiss ist es die Arbeit mit der Jugend. „Dass ich junge Menschen auf ihrem Weg begleiten darf. Das gibt mir in meiner eigenen Spiritualität ganz viel, wenn ich merke, andere lassen sich anstecken von dem, was du erzählst“, so die Gemeindereferentin. Schwester Mercy stellte sich unter anderem der philosophischen Frage, was Freiheit für sie bedeute. „Meine Freiheit ist, die Nachfolgerin von Jesus zu sein. Ich bin verantwortlich, aber ich fühle mich darin frei.“
Hans-Georg Müller, Rektor im Kloster Heilig-Kreuz, zeigte sich erfreut über den Verlauf des Abends: „Ich bin positiv angetan, dass die Kirche voll war und so viele junge Menschen da waren.“ Und an Miss Germany gewandt resümierte er: „Danke für den ermutigenden Austausch von Christ zu Christ. Ich glaube, wir brauchen solche Foren mehr denn je.“