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„TheoTalk“:Jährlich 1.400 Priesterberufungen

Welche Rolle spielt Afrika für die katholische Kirche? Mit dieser Frage hat sich der „TheoTalk“ der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) in Trier befasst.
Dr. Richard Atchadé und Katharina Zey-Wortmann
Datum:
25. Dez. 2025
Von:
Rolf Lorig

Trier. Referent war der aus Benin stammende Priester Dr. Richard Atchadé, der aktuell im Büro des Luxemburger Erzbischofs Kardinal Jean-Claude Hollerich arbeitet.

Mit einem Zitat aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eröffnete KEB-Leiterin Katharina Zey-Wortmann das Gespräch: „Bei der Suche Europas nach einem neuen Partner auf der weltpolitischen Bühne müssen wir unseren Blick etwas wenden: Nun könnte die Stunde Afrikas schlagen. Der Kontinent hat die am schnellsten wachsende Bevölkerung und damit einen starken Wettbewerbsvorteil gegenüber den alternden Gesellschaften des Westens.“

Eine Tatsache, die auch einen konfessionellen Hintergrund hat. Laut „Vatican News“ liegt die Gesamtzahl der Katholiken weltweit bei fast anderthalb Milliarden. Mit einem Zuwachs von 3,3 Prozent hat Afrika das stärkste Wachstum und stellt international rund 20 Prozent der Gläubigen. 

2050 wird jeder vierte Christ aus Afrika kommen

Für Atchadé steht fest: „Das Zentrum des katholischen Lebens verschiebt sich – weg von Europa und Nordamerika hin nach Afrika.“ Parallel werde damit auch der Einfluss des Kontinents stärker: „Afrika wird zu einem neuen pastoralen Zentrum der Kirche“ – und des Christentums insgesamt:  Im Jahr 2050 werde weltweit betrachtet jeder vierte Christ ein Afrikaner sein.

Eine Zahl, die auch darin begründet sei, dass die Frauen dort durchschnittlich fünf bis sechs Kinder hätten. Bemerkenswert seien auch die Berufungen: „Während die Zahl der Priester weltweit sinkt, gibt es mit Afrika und Asien zwei Ausnahmen. Wir haben jährlich in Afrika im Schnitt 1.400 und in Asien 1.100 neue Priester.“ 

Die Kirche ist Anwältin der Menschenrechte und Stimme der Armen, weshalb sie politisch oft zur Zielscheibe wird.

Dr. Richard Atchadé

Die Religion habe in seiner Heimat einen hohen Stellenwert, sagte Atchadé. Er benannte Kirchen, in denen von sechs Uhr morgens an „jede Stunde ein Gottesdienst stattfindet – alle gut besucht, die Kirchen sind voll“. Lange Zeit sei die Kirche in Afrika als Folge der Kolonialzeit europäisch geprägt gewesen. Viele hätten das Christentum daher als etwas Importiertes empfunden, „das nicht zu uns gehört“. Doch seit dem Zweiten Vaticanum habe sich die Situation durch die Aufnahme der eigenen Kultur grundlegend geändert. Jetzt dürfe im Gottesdienst getrommelt, getanzt und in der eigenen Sprache gesungen werden. Die Kirche werde als Familie gesehen, „man nennt sich Bruder, Schwester – und ist einfach zusammen“. Auch die geistlichen Ämter würden immer mehr von Afrikanern übernommen. Bereits 1940 sei der erste afrikanische Kardinal ernannt worden. Heute belaufe sich ihre Zahl auf 18, von denen 17 am jüngsten Konklave teilnahmen.

Probleme bereite die finanzielle Abhängigkeit der afrikanischen Kirche von Europa. Ein weiteres Problem: „Die Begegnung zwischen Kultur und Evangelium ist noch nicht sehr stark.“ Für viele stelle sich noch die Frage, ob man zur „traditionellen Religion oder zu den Christen“ gehöre – Fragen, die für Spannungen sorgten. Auch das Kirchenrecht sei in Verbindung mit Polygamie eine Herausforderung, wenn ein Mann Christ werden wolle, aber mehrere Frauen habe, was „vom Kirchenrecht her natürlich unmöglich“ sei. 

Demographisches Zentrum der Kirche von morgen

Die katholische Kirche sei einer der größten soziale Akteure auf dem Kontinent, erklärte der Theologe weiter. Von den rund 100.000 Grundschulen, etwa 52.000 weiterführenden Schulen, über 5.000 Krankenhäusern, rund 145.000 Gesundheitsstationen und über sieben Millionen Studierenden würden gut 40 Prozent von der katholischen Kirche finanziert.

Auch wenn die Kirche vielerorts Schwierigkeiten habe, so sei sie in Afrika doch eine moralische Instanz, die sich in vielen Ländern auch als Friedensvermittlerin eingesetzt habe. „Sie ist Anwältin der Menschenrechte und Stimme der Armen, weshalb sie politisch oft zur Zielscheibe wird.“ Etwa in Kamerun seien schon viele Priester und Bischöfe ermordet worden. Aber: „Mit Mut geht es weiter“.

Das Fazit? „Afrika ist das demographische Zentrum der Kirche von morgen. Sie wird ein zunehmend theologischer und politischer Akteur und steht vor riesigen Aufgaben. Auch die Weltkirche wird sich durch Afrika verändern.“ Die Frage, ob es in absehbarer Zukunft einen afrikanischen Papst geben werde, beantwortete Dr. Atchadé mit den Worten eines Humoristen: „Wenn der Rauch schwarz ist, kann es keinen Papst geben. Aber wie kann der Papst bei weißem Rauch schwarz sein?“