Geld:Geldanlage mit gutem Gewissen

Geld anzulegen, ist einfach. Geld richtig anzulegen, ist eine Herausforderung, insbesondere wenn der Anlage ethisch-nachhaltige Kriterien zugrundegelegt werden sollen. Möchte ich die Energiewende unterstützen und setze auf Windkraft? Oder sprechen ökologische Aspekte eher dagegen? Ich setze mich für den Frieden ein. Die Ukraine benötigt Waffen und Munition. Also doch in die Rüstungsindustrie investieren? Wie kann ich überprüfen, ob ein Unternehmen meinen Erwartungen hinsichtlich der Einhaltung ethischer Standards entspricht?
Wichtig: Immer die richtigen Fragen stellen
Ein Experte ist Helge Wulsdorf von der Bank für Kirche und Caritas in Paderborn. Er leitet den Bereich Nachhaltige Geldanlagen. Wulsdorf erklärt, dass bereits seit August 2022 gesetzlich vorgeschrieben ist, dass jeder Berater zu Beginn einer Anlageberatung klären muss, wie wichtig der Kundin oder dem Kunden Nachhaltigkeit bei der Investition ist. Diese Regelung ist für die Geldanleger eine gute Nachricht, denn diese Vorgehensweise gibt dem Kunden die Sicherheit, dass seine Belange berücksichtigt werden.
Wulsdorf gibt außerdem einen persönlichen Tipp: „Das Wichtigste ist: Stellen Sie Fragen! Fragen Sie sich selbst, was Ihnen bei der Anlage wichtig ist. Und stellen Sie Ihrem Anlageberater viele Fragen.“ Der Kunde könnte sich zum Beispiel fragen: Welche Bedeutung haben der Schutz des menschlichen Lebens, Frieden und Gerechtigkeit für mich? Welchen Stellenwert haben ökologische Themen wie Klimaschutz oder biologische Vielfalt und Umwelttechnologien für mich? Oder vielleicht sollen ganz andere Ziele unterstützt werden, so Wulsdorf.
Hilfreich sind die Fragen auch für diejenigen, die auf eine Anlageberatung verzichten und ihr Geld direkt online anlegen wollen. Darüber hinaus rät Wulsdorf zu fragen, was eine Geldanlage bewirken kann, ob sie christliche Maßstäbe erfüllt, wie das überprüfbar ist und ob sie zertifiziert ist. Wulsdorf betont in dem Zusammenhang, dass auch die Qualifikation des Anlageberaters hinsichtlich ethisch-nachhaltiger Geldanlagen hinterfragt werden darf, da eine zertifizierte Schulung ein starkes Indiz für eine qualifizierte und professionelle Beratung ist.
Wirkung von Geldanlagen
Von einer Geldanlage erwarten wir Zinsen. Kann und soll das angelegte Geld darüber hinaus aber auch Gutes für Mensch, Umwelt und Gesellschaft tun? Die meisten Geldinstitute bieten Aktien, Fonds, Staatsanleihen oder Rentenpapiere an. Die Oiko credit, eine internationale Genossenschaft, die auf Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen gegründet wurde, setzt dagegen die Gelder ihrer Anleger ein, um soziale Benachteiligungen abzubauen.
Bei dieser Geldanlageform stehen die sozialen und christlichen Gedanken im Vordergrund. Ein weiteres Beispiel ist die Steyler Bank, die als erste ethische Bank Deutschlands gegründet wurde. Bei dieser Bank steuert ein Ethikrat die Anlagefelder der Bank. Der Kunde kann sicher sein, dass sein Geld nicht in Länder fließt, in denen zum Beispiel Kinderarbeit erlaubt ist oder Menschenrechte missachtet werden.
„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, ist ein oft zitierter Spruch. Er lässt sich auch bei Geldanlagen anwenden. Interessant ist daher die Frage, ob die Geldanlage wirklich das bewirkt, was ich mir wünsche – sind die Auswirkungen messbar?
Schwierige Messung der Nachhaltigkeit
Eric Prüßner ist Mitarbeiter bei ̈ Advanced Impact Research, einer Ausgründung aus der Universität Hamburg. Er ist Spezialist für die Messung von Nachhaltigkeit von Geldanlagen und prüft unter anderem Fonds für das FNG-Siegel (siehe unten „Zur Sache“). Prüßner erklärt, dass es sehr schwierig ist, die Nachhaltigkeit von Geldanlagen direkt nachzuweisen, da die Messungen sehr komplex sind.
Sie münden aber letztlich in Siegel, wodurch die Anleger eine gewisse Sicherheit haben. Es besteht aber auch die Möglichkeit, mit Hilfe einer Geldanlage die Wirtschaft und dadurch die Gesellschaft zu verändern. Prüßner hat dazu einen vielleicht etwas unerwarteten Rat: „Wenn Sie selbst Einfluss nehmen wollen, könnten Sie sich auch an Unternehmen beteiligen, die aus Ihrer Sicht ,schlimm‘ sind, denn diese haben ein hohes Verbesserungspotenzial, zum Beispiel Energieunternehmen, die noch auf fossile Brennstoffe setzen. Als Aktionär haben Sie Einfluss auf das Management.“
Dies ist im bilateralen Dialog möglich. Aktionäre haben das Recht, in den Hauptversammlungen das Management zur Rechenschaft zu ziehen und die künftige Ausrichtung von Unternehmen zu beeinflussen. „Das ist für Kleinanleger zwar schwierig, allerdings gibt es Anbieter von Fonds, die das Kapital von mehreren Anlegern verwalten und so mit einer Stimme sprechen können, auch im Sinne der Nachhaltigkeit“, so Prüßner. Wer einzelne Aktien halte, könne die Stimmrechte auch an Organisationen übertragen, die mit den Stimmrechten Nachhaltigkeit fördern wollten. Prüßner: „Der Dachverband kritischer Aktionäre ist eins von mehreren Beispielen.“