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Christlich-Jüdische Zusammenarbeit :Für Streitkultur, aber gegen Hass

Mit dem Thema Antisemitismus als Herausforderung für die Gesellschaft hat sich in Bad Kreuznach ein Gesprächsabend mit Dr. Michel Friedman und der Bundestagsabgeordneten Julia Klöckner (beide CDU) auseinandergesetzt.
Michel Friedman (Mitte) und Julia Klöckner (Zweite von rechts) mit Abigajil Bock, Franz-Josef Diel (von links) sowie Markus Becker (rechts) von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Bad Kreuznach.
Datum:
26. Juli 2024
Von:
Julia Fröder

Bad Kreuznach. Eingeladen zu der Veranstaltung, die aufgrund der hohen Zahl an Anmeldungen vom Haus des Gastes in die evangelische St.-Paulus-Kirche verlegt worden war, hatte die örtliche Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.

Der Jurist, Philosoph und Journalist Friedman bannte das Publikum über fast zweieinhalb Stunden, indem er zunächst von seinem Leben als Jude in Deutschland berichtete, das aber lediglich einen Teil seiner vielschichtigen Identität ausmache. Er warnte die Zuhörerinnen und Zuhörer aber auch eindringlich: „Judenhass und Ausländerfeindlichkeit – das ist Menschenhass und nicht demokratisch. Hass ist keine Meinung, sondern Gewalt!“

Die Demokratie braucht Einsatz und Widerspruch

Jeder stehe vor der Entscheidung, ob er eine Partei wählen wolle, die dafür stehe, dass „jeder jemand ist“ oder eine Partei, in der „einige niemand sind“. Zudem könne jeder Mensch in seinem Alltag etwas gegen Hass tun: „Wir alle müssen darauf reagieren, wenn über Menschen geredet oder gelästert wird – ob im Verein, im Beruf, in der Familie“, forderte Friedman auf. „Denn das Nicht-Widersprechen ist das Ende der Demokratie, in der es eine Streitkultur braucht.“

„Woher kommt der Judenhass in der Gesellschaft?“ – dieser Frage ging Friedman ebenfalls nach und nahm dabei auch die Kirchen in die Verantwortung. „Es war die erste Fake-News der Welt: Juden haben Gottes Sohn umgebracht.“ Es habe 2000 Jahre gedauert, bis die Kirche diese eingestanden habe. Auch staatliche Stellen hätten antisemitische Erzählungen wie die der „geldgeilen Juden“ weiter befeuert. Die christlich-jüdische Gesellschaft engagiere sich dafür, dass diese Erzählungen durchbrochen werden. „Daher danke ich unseren Gastgebern“, sagte Friedman mit Blick auf das Engagement des Vereins, der seit 1989 in dieser Form besteht.

Nach seinem Impulsvortrag ging der Publizist im Gespräch mit der aus Guldental stammenden Theologin und früheren Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die auch Mitglied der deutsch-israelischen Gesellschaft ist, auf die aktuelle israelische Politik ein.

Eindringlicher Appell für mehr Menschlichkeit

Friedman merkte aber auch scharfsinnig sprachliche Ungenauigkeiten von politischer Seite an, wie etwa die Feierlichkeiten zu „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, die vor zwei Jahren begangen wurden: „Ich wusste ja gar nicht, dass es Deutschland schon so lange gibt.“

Doch er fand auch sehr ernste Worte: „Wenn ich nicht mehr überall hingehen kann, ist es nur eine Frage der Zeit, wenn auch du nicht mehr überall hingehen kannst“, richtete er sich direkt an seine Parteifreundin, meinte damit aber auch alle anderen Anwesenden in der Kirche. Zum Abschluss der Veranstaltung mahnte der Gast alle Besucherinnen und Besucher dazu an, sich für mehr Menschlichkeit einzusetzen.

Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Katholischen Erwachsenenbildung Rhein-Hunsrück-Nahe und in Zusammenarbeit mit der Stadt Bad Kreuznach statt. Für die musikalische Umrahmung des Abends sorgte an der Orgel der katholische Dekanatskantor Klaus Evers.

Info

Die Ausstellung ist ein Jahr zu sehen, Annette Resch ist am 20. Juli vor Ort. Weitere Angebote sind unter anderem Garten-Gespräche am 1. August und 1. September (17 Uhr bis 18 Uhr), „Summer in the City“ am 31. August sowie Heilfasten und Wanderfasten vom 21. bis 27. September. Willkommen sind Frauen unabhängig von Alter und Konfession. Nähere Infos im Internet unter www.josefsschwestern-trier.de.