Der kürzeste Advent
Kürzer kann der Advent nicht sein. In diesem Jahr fallen wieder der vierte Advent und Heiligabend zusammen. Die vorweihnachtliche Zeit dauert ganze 22 Tage und damit sechs weniger als im vergangenen Jahr. Die Weihnachtsgeschenke liegen also bereits am vierten Adventssonntag unter dem Tannenbaum. Für den Handel, aber auch für alle, die nach Geschenken suchen, bedeutet das gefühlt mehr Zeitdruck. Auch Theater, Chöre und Musikensembles müssen sich auf weniger Aufführungstage und mehr Konkurrenzveranstaltungen einstellen.
Der Grund dafür ist, dass Weihnachten zu den unbeweglichen Feiertagen im Kalender gehört. Heiligabend ist immer am 24. Dezember, der Wochentag kann also variieren. Zugleich ist kirchlich festgelegt, dass die Vorbereitungszeit auf Weihnachten vier Sonntage umfassen muss. Der Advent hat also mindestens 22 und höchstens 28 Tage.
Jesu Geburtstag ist nicht überliefert
Diese Regelung hat sich erst im Lauf der Kirchengeschichte verfestigt. Das Datum der Geburt Jesu ist nicht überliefert – anders als sein Todesdatum, das die Evangelien eindeutig mit dem jüdischen Passahfest in Verbindung bringen. So kam es, dass das Geburtsfest Jesu in der frühen Kirche zu unterschiedlichen Zeitpunkten gefeiert wurde.
Die Kirchen in Rom und in Afrika legten sich wohl schon früh auf den 25. Dezember fest. Ob dabei der römische Sonnenkult eine Rolle spielte, dessen Hauptfest an diesem Tag begangen wurde, ist allerdings umstritten.
Fest steht, dass die Kirchen eine Bußzeit vor die Festtage der Weihnachtszeit setzten. Sie dauerte ursprünglich 40 Tage, wie auch die Fastenzeit vor Ostern. Papst Gregor der Große (590–604) beschränkte die Adventszeit dann auf die vier Sonntage vor Weihnachten.
Viele Weihnachtsmärkte öffnen in diesem Jahr deshalb früher als gewöhnlich, einige sogar schon vor dem Totensonntag (26. November), an dem evangelische Christen der Toten gedenken. In Hamburg etwa haben Stadtbezirke auch mit Blick auf die Einbußen während der Pandemie beschlossen, dass Schausteller bereits ab 17. November Glühwein, Tannenbaumschmuck und Kinderkarussell anbieten können. Der Kölner Weihnachtsmarkt am Dom startet am 23. November – um dann am Totensonntag geschlossen zu bleiben. Leipzig und Kiel dagegen halten die Tradition aufrecht, den Weihnachtsmarkt erst nach Totensonntag zu öffnen. Er dauert dort also nur dreieinhalb Wochen.
Vorweihnachtliche Märkte gibt es seit dem späten Mittelalter. Im 14. Jahrhundert kam der Brauch auf, Handwerkern wie Spielzeugmachern, Korbflechtern und Zuckerbäckern zu erlauben, auf dem Markt Verkaufsstände für die Kleinigkeiten zu errichten, die die Kinder zu Weihnachten geschenkt bekamen. 1310 wurde ein Nikolausmarkt in München erstmals urkundlich genannt, 1434 der Dresdener Striezelmarkt zum ersten Mal erwähnt. Und der Nürnberger Christkindlesmarkt lässt sich bis Mitte des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen.
Weihnachtsmarkt weckt positive Kindheitserinnerungen
„Die Vermassung des Weihnachtsmarktes beginnt erst in den 1960er Jahren“, sagt der Regensburger Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder. Den aktuellen Erfolg erklärt er damit, dass die Menschen auch im Zeitalter des Individualismus nach Gemeinschaft suchten. Zudem vermittle der Weihnachtsmarkt das Gefühl, in eine romantische Welt einzutauchen, die mit positiven Kindheitserinnerungen verbunden ist.
Allerdings beobachtet Hirschfelder in den vergangenen Jahren eine neue Entwicklung: Weihnachtsmärkte werden lauter, bunter und globalisierter. Aus dem Nikolaus wird der Weihnachtsmann, das russische Väterchen Frost oder gleich ein gemütlicher Bär mit Zipfelmütze. Christliche Symbole werden verdrängt. „Die heutige Dekoration ist eine Mischung aus Fantasyroman, Ikea und Landlust“, sagt der Wissenschaftler.
Dazu passt, dass immer mehr Städte Weihnachtsmärkte in „Wintermärkte“ umfunktionieren und noch früher starten. In Frankfurt ist „CityXmas“ seit dem 28. Oktober geöffnet – viel Stress für manche Geschäfte, die von Oktoberfest-Dekoration auf Halloween und dann schnell auf Adventsstimmung umstellen müssen.