Verschwörungsmythen :Achtung, Verschwörung!

Man sitzt am Geburtstag mit der Verwandtschaft zusammen – und plötzlich spricht jemand über gefährliche Chemikalien, die die Regierung angeblich über der Erde ausstreut. Ein klarer Fall von Verschwörungsmythos. Aber wie ist damit umzugehen? Schließlich möchte man den gemütlichen Abend oder Nachmittag nicht „sprengen“.
Beraterinnen wie Karina Wolf von dem Projekt „Ent-täuscht“ (www.ent-taeuscht.de) aus Niedersachsen unterstützen Menschen, die diesen und ähnlichen Verschwörungstheorien glauben – und auch deren Angehörige. Gemeinsam mit den Betroffenen will die in Oldenburg ansässige Beratungsstelle einen Weg aus der Abwärtsspirale der Verschwörungen finden, die viele Familien auf eine Belastungsprobe stellt. „Wichtig ist, jemanden, der seine Verschwörungstheorien teilt, nicht auszugrenzen“, betont Beraterin Wolf. Frauen und Männer, die an Verschwörungen glaubten, würden häufig in positiver Absicht handeln, wenn sie diese mit ihrer Familie und Freunden teilen. Indem sie diese auf die vermeintliche Gefahr hinweisen, wollten viele ihre Geliebten schützen –und ihr vermeintlich exklusives Wissen für einen guten Zweck einsetzen.
Sind die Kondensstreifen am Himmel gefährlich?
Eine verbreitete Verschwörungserzählung handelt beispielsweise von sogenannten Chemtrails. Demnach verteilt eine geheimnisvolle Macht gezielt chemische oder biologische Substanzen, um Menschen zu schaden. Diese würden am Himmel in der Form von Kondensstreifen erscheinen. Wissenschaftliche Beweise dafür gibt es nicht.
Laut Wolf hilft es, ehrlich und offen mit demjenigen zu sprechen, der von solchen Verschwörungen überzeugt ist, und dessen Sorgen ernst zu nehmen. „Ich empfehle zu sagen, dass einem der Mensch wichtig ist, aber man seine Theorien nicht teilt. So kann man die Aussagen kritisieren, gleichzeitig aber eine positive Gesprächsatmosphäre schaffen.“ Sich von den Menschen zu distanzieren, ohne auf sie einzugehen, könne hingegen eine weitere Eskalation zur Folge haben, die die Betroffenen in die Abwärtsspirale treibe. Das heißt etwa, dass sie immer schwieriger mit Argumenten und Fakten zu überzeugen sind.
Droht eine weitere Radikalisierung?
Um solche Theorien im Gespräch zu entkräften, rät Wolf, diese gezielt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Dabei helfe es, bei der Recherche auf die Seriosität der Quelle zu achten. Klassische Medien böten in der Regel einen guten Ansatzpunkt, weil die Korrektheit in den Redaktionen im Vier-Augen-Prinzip sichergestellt werde.
Nimmt ein Angehöriger oder Anhänger von Verschwörungstheorien mit Wolf Kontakt auf, bietet sie zunächst ein Telefongespräch an. Die Betroffenen dürften darin offen ihre Sorgen teilen. „Viele Menschen, die sehen, dass jemand aus ihrer Familie an Verschwörungstheorien glaubt, haben große Ängste“, berichtet Wolf. Sie fragten sich etwa, was passiere, wenn sich der geliebte Mensch weiter radikalisiere. Auch Verlustängste kämen auf.
Viele Menschen, die sie berät, seien dankbar. „Viele spüren, dass ihnen die Gespräche helfen.“ Zu einer konkreten Gefahrensituation sei es bislang weder für sie noch für ihre Kollegen gekommen. Zu ihrem persönlichen Schutz verzichtet sie jedoch auf die Veröffentlichung eines Fotos. Das Angebot der Beraterin richtet sich auch an mögliche Aussteiger aus der Verschwörer-Szene. „Niemand sollte dabei auf sich allein gestellt sein.“