Vom „Hörspiel-Virus“ erfasst

Die „Trierische Tonpost“, das monatlich erscheinende Audiomagazin der Arbeitsstelle für Blinde und Sehbehinderte im Bistum Trier, wurde 1969 vom damaligen Leiter Richard Meyer gegründet. Und seither hat Clemens Berwanger Kontakt zur Arbeitsstelle und zur Tonpost.
Zunächst bestand dieser eher durch Vater Berwanger, der Lehrer an der Schule für Blinde und Sehbehinderte im saarländischen Lebach war und das Projekt Tonpost unterstützte und nutzte. „Zu Weihnachten brachte er einmal eine blaue Schachtel mit nach Hause. Darin ein Hörspiel, von dessen Fortsetzungen ich gar nicht genug bekommen konnte“, erinnert sich Sohn Clemens. Dies sei die Zeit gewesen, in der er von einem „nachhaltigen Hörspielvirus erfasst“ wurde.
Eine eigene Realität erschaffen
Dabei interessierte den heute 59-jährigen Leiter der Grundschule Greimerath ursprünglich vor allem die Technik dahinter. „Es faszinierte mich, wie man seine eigene Realität schaffen kann.“ Und so beschloss er, eigene Hörspiele zu machen. Einfach und primitiv seien die anfangs gewesen, aber sie festigten den Wunsch, dieses Genre richtig zu erlernen. Abitur, Ausbildung, Beruf – Clemens Berwanger behielt über all diese Stationen das Ziel vor Augen, Hörspiele „zu spielen“.
Mein Vater ist inzwischen 86 und blind. Ihn habe ich im Hinterkopf, wenn ich bei der Hilfsmittelausstellung Material für einen Beitrag sammle.
Clemens Berwanger
1994 schrieb er in diesem Ansinnen an Richard Meyer und wurde zu einer Vorbesprechung nach St. Thomas eingeladen. „Dort habe ich Anneliese Useldinger kennengelernt. Ihre Stimme hat mich sofort beeindruckt. Und sie kam als schwer sehbehinderte Dame aus Bonn, um für die Tonpost Hörspiele zu machen“, erinnert sich Berwanger an eine anhaltende Zusammenarbeit: Sie schrieb die Stücke, er produzierte.
Neben einem Spielerstamm in Trier engagierte er öfter auch seine Schülerinnen und Schüler, um Texte einzusprechen. Die Kontinuität sei gerissen, als 2012 eine der besten Spielerinnen starb. „Es ging nichts mehr so richtig. Wir waren mit Zwei- bis Drei-Personen-Stücken stark eingeschränkt.“ Trotzdem blieb Clemens Berwanger der „Trierischen Tonpost“ treu. Das nicht zuletzt auch wegen des technischen Fortschritts in Gestalt seines „Daisy-Aufnahmegeräts“. „Das ist quasi immer dabei und einsatzbereit“, sagt er schmunzelnd und berichtet von Einsätzen etwa im „Café Dunkel“ bei den Heilig-Rock-Tagen oder beim „Türöffnertag mit der Maus“, wo er Teilnehmende anspreche und um Eindrücke und Darstellungen für Beiträge bitte.
Die wiederum seien im wichtig, um ein Bewusstsein für die Gruppe der von Sehbehinderung und Blindheit Betroffenen zu schaffen. „Mein Vater ist inzwischen 86 und blind. Ihn habe ich im Hinterkopf, wenn ich bei der Hilfsmittelausstellung Material für einen Beitrag sammle.“
Ein neues Stück für den Adventskalender
In Rücksprache mit der Tonpost-Redaktion erarbeitet Berwanger die verschiedensten Themen für die Zielgruppe. So produzierte der ausgebildete Religionslehrer mehrere kirchliche Themenbeiträge etwa zu Christi Himmelfahrt. „Die Verbindung zur Louis-Braille-Schule in Lebach mündete genauso in einen Beitrag wie Gespräche mit unseren Grundschülern in Greimerath über den Ausbruch des Krieges in der Ukraine“, erzählt er im „Paulinus“-Gespräch.
Technisch sei er durch das Landesmedienzentrum Koblenz „fit gemacht“ worden. Und so produziere er überwiegend zuhause „am PC im schalldichten Ecken“.
Das Hörspiel, so bekennt Clemens Berwanger, sei nach wie vor quasi seine „Königsdisziplin“. Das erste mit dem Titel „Die ausgetauschte Maria“ habe er mit Richard Meyer im Hof des Bischöflichen Generalvikariats „gedreht“, erzählt er lachend. Inzwischen sei die Technik aufwändiger, und er selber tüftele oft sehr viel, bis „alles richtig klingt“ – etwa die Geräusche eines während der Fahrt brechenden Kutschen-Rades.
„Ratsch“ – so lautet der kurze, prägnante Titel des jüngsten Hörspiels von Clemens Berwanger. Stimmung und Vorurteile in der heutigen Gesellschaft thematisiert das Stück, das der Autor geschrieben und für den „Klingenden Adventskalender 2025“ produziert hat. Besonders freut er sich über das „super engagierte Spielerteam“, das seine Geschichte zum Klingen bringt. Und auf die Resonanz der Hörerinnen und Hörer ist der engagierte Tonpost-Mitarbeiter schon sehr gespannt.