Papst Leo:Papst Leo regiert anders

1. Kontinuität mit Franziskus: In einigen Punkten hat sich Leo explizit in die Kontinuität seines Vorgängers gestellt. Das gilt für die Ernennung von Frauen in Führungsämter ebenso wie für seine Würdigung des päpstlichen Umweltschreibens „Laudato si’“ von 2015 und die Vision einer Kirche, die ohne Diskriminierung auf alle Menschen zugehen soll. Auch die von Franziskus neu belebte Synodalität, also die Beteiligung aller Gläubigen in der Kirche, will er fortsetzen. Und auch Leo fordert von Priestern das Zugehen auf die Menschen und Solidarität mit den Schwächsten.
2. Ausgleich in der Kirche: Eine unter Benedikt XVI. und Franziskus gewachsene Polarisierung in der Kirche wurde bei den Beratungen der Kardinäle vor der Papstwahl beklagt. Leo sieht es als seine Kernaufgabe an, die Einheit der Kirche zu fördern und Spaltungen zu überwinden, damit sie Vorbild in einer zerstrittenen Welt sein kann.
3. Symbole und Regeln: Bei Kleidung und Protokoll wählt Leo XIV. einen Mittelkurs zwischen dem strengen Benedikt XVI. und dem lockeren Franziskus. Dazu gehört das Comeback des „Ringkusses“: Leo XIV. lässt ihn wieder zu. Geändert hat sich auch das Brustkreuz des Papstes. Neben Silber ist nun wieder Gold zu sehen.
Rückkehr zur alten Wohnung
4. Die Wohnung des Papstes: Das Leben von Papst Franziskus im Gästehaus Santa Marta hat viel Geld gekostet – durch entgangene Mieteinnahmen und Gehälter für mehr Sicherheitspersonal. Hinzu kommen nun Renovierungskosten für die offizielle Papstwohnung im Apostolischen Palast. Der anstehende Wiedereinzug dort gilt als Symbol für den Unterschied beider Pontifikate: Bei Franziskus ging es um Inszenierung von Bescheidenheit und Volksnähe, bei Leo sind Aufräumarbeiten und die Rückkehr zur Ordnung nach zwölf Jahren Ausnahmezustand angesagt.
5. Teamplayer: Leo XIV. will Kardinäle und vatikanische Behördenleiter stärker an Entscheidungen beteiligen. Gleich beim ersten Treffen mit dem Kardinalskollegium ließ er eine Aussprache zu. Und in einer Ansprache an die Kurie sagte er: „Die Päpste kommen und gehen, die Kurie bleibt.“ An diesem Punkt zeigt sich der schärfste Bruch mit dem Vorgänger, der oft für sich in Anspruch nahm, alleiniger Entscheider und Garant der Einheit der Kirche zu sein. Leo XIV. hingegen kündigte an, er wolle „sich selbst klein machen“.
6. Zurück zum Privatsekretär: Franziskus hatte keinen langjährigen persönlichen Sekretär als Vertrauten und Organisator seiner Termine. Anders Leo XIV.: Wie schon viele frühere Päpste hat auch er einen jungen Geistlichen zu seinem Privatsekretär gemacht: Edgard Ivan Rimaycuna Inga, den er noch aus Peru kennt.
7. Professionelle Außenpolitik: Franziskus agierte in der Außenpolitik oft mehrgleisig: Manchmal machte er alles selbst, gelegentlich setzte er informelle Sonderbeauftragte ein, daneben ließ er die etablierte vatikanische Diplomatie weiter arbeiten. Die meisten Beobachter erwarten von Leo XIV. eine berechenbare Außenpolitik unter Federführung des Staatssekretariats.
Balance von Synodalität und bischöflicher Kollegialität
8. Offene Fragen: Bislang hat Papst Leo XIV. noch nicht gesagt, wie er sich in wichtigen Zukunftsfragen der Kirche verhalten wird. Dazu gehören das vatikanische Finanzdefizit und der ungeklärte Status der Weltbischofssynode. Es wird erwartet, dass er die Balance zwischen den Prinzipien der Synodalität und der bischöflichen Kollegialität wieder herstellt. Möglicherweise wird er neben der Bischofssynode eine „kirchliche Generalversammlung“ etablieren, bei der auch Laien mitbestimmen können.