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Gipfeltreffen der Völker:Gegen-Klimagipfel geplant

Erdölförderung, Goldsuche und Soja-Anbau bedrohen das Leben im Amazonasgebiet. Zur Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém organisieren indigene Gruppen ein „Gipfeltreffen der Völker“ – damit ihre Stimme gehört wird.
Edilberto Francisco Moura Sena (rechts) bei einem Gespräch über Erdölförderung im brasilianischen Amazonas-Mündungsbecken.
Datum:
9. Nov. 2025
Von:
Tobias Käufer

Auf dem Flughafen von Belém ist der Lärm von Presslufthämmern zu hören, Baustellen prägen das Bild der Innenstadt. Restaurierte Gebäude und eine neue schmucke Uferpromenade locken Touristen an. Und überall hängen Plakate, die auf die bevorstehende Weltklimakonferenz COP 30 hinweisen. Geht es nach dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, dann soll der Klimagipfel nicht zuletzt das Image seines Heimatlandes aufpolieren. Austragungsort ist vom 10. bis 21. November die Amazonas-Metropole im Nordosten Brasiliens.

Doch Lulas Ruf als selbst ernannter Vorreiter in Sachen Umweltschutz hat gelitten. Entscheidungen für Erdölförderung im Amazonas-Mündungsbecken, das Voranschreiten des Soja-Anbaus mit neuen Eisenbahn- und Autobahnplänen, die Zunahme von Pflanzenschutzmittel-Rückständen, sich ausbreitende kriminelle Banden, die in der Region mit giftigem Quecksilber nach Gold suchen, Bäume fällen oder den Wald zum Drogenanbau nutzen, setzen die indigenen Völker zunehmend unter Druck. Deshalb haben sie zu spektakulären Aktionen aufgerufen – im Vorfeld und während der UN-Konferenz.

„Klimagipfel ist eine Illusion“

„Dieser Klimagipfel ist doch eine Illusion“, sagt der katholische Geistliche Edilberto Francisco Moura Sena (83) aus Santarém am Amazonas-Zufluss Rio Tapajós. „Wenn es schon 29 Klimakonferenzen gegeben hat und sich die Situation dennoch zu einer Klimakrise entwickelt hat, die sich zu einer globalen Katastrophe ausweitet, was können wir dann von einer Konferenz im Amazonasgebiet erwarten?“, fragt er.

Der Priester trägt ein weißes T-Shirt mit schwarzer Aufschrift, darauf steht: „Amazonia fossil free“. Besonders die Ölförderpläne der Regierung Lula für das Amazonas-Mündungsbecken rufen seine Ablehnung hervor. „Das ist ein Skandal, dass der Präsident sagt, man werde Öl fördern, um es zu verkaufen und mit dem Geld die Umwelt zu schützen. Das steht im Widerspruch zu den Zielen der Konferenz“, kritisiert Moura Sena. Er befürchtet einen Dammbruch. Das grüne Licht für die Förderung im ökologisch sensiblen Amazonas-Becken könne der Anfang weiterer Projekte in der Region sein.

Moura Sena ist eng mit den indigenen Gemeinden in dem Gebiet und dem kirchlichen Amazonas-Netzwerk Repam vernetzt. Er erwartet in Belém Widerstand gegen die Regierungspläne. Nicht bei der Klimakonferenz selbst, sondern bei den angekündigten Demonstrationen von mehreren tausend Indigenen und bei deren eigenständig organisiertem „Gipfeltreffen der Völker“. Er gehe von einem großen Engagement der sozialen Bewegungen aus, insbesondere beim Völker-Gipfel. „Sie werden Regierungen dazu zwingen, die Zerstörung der Umwelt zu stoppen“, meint der Aktivist. Mit der COP 30 an sich verbinde er indes „keinerlei Hoffnungen“.

Kirche stärkt indigene Stimmen

Die indigenen Gemeinden fühlten sich von der Konferenz ausgeschlossen, erklärt Stephan Neumann, Sprecher des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat. „Sie fühlen sich nicht gehört und haben keine Stimme.“ Quilombolas – Nachfahren geflohener afrikanischer Sklaven – und Indigene wollten sich zusammentun und beim „Gipfeltreffen der Völker“ lautstark für ihre Rechte eintreten. Das sei auch im Sinne der Kirche, betont Neumann. Papst Franziskus habe die Erde und das Amazonasgebiet als „gemeinsames Haus“ bezeichnet: „Und dieses Haus können nur alle gemeinsam retten.“