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Theologische Fakultät:„Es ist für jeden etwas dabei“

Die Theologische Fakultät Trier feiert in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen. Im Interview mit dem „Paulinus“ blickt Rektor Prof. Dr. Walter Andreas Euler auf die Vergangenheit und in die Zukunft. Die Geschicke der Fakultät leitet er seit April 2023 als erster Nichtkleriker.
Ein Mann mit Krawatte blickt lächelnd in die Kamera
Datum:
13. Nov. 2025
Von:
Sarah Schött

Herr Prof. Dr. Euler, wie würden Sie die aktuelle Situation der Theologischen Fakultät beschreiben?

Bei den Studierenden spüren wir die allgemeine Krise im kirchlichen Leben. Die Zahlen sind seit 2010 deutlich zurückgegangen. Zwischenzeitlich hat vor allem das theologische Vollstudium, der Magister, sehr geschwächelt. Das wird jetzt wieder besser, und das ist für uns natürlich sehr wichtig.

Was hat sich seit Ihrem Amtsantritt verändert?

Positiv verändert hat sich eben die Situation des Vollstudiums. Stabilisiert hat sich auch der Studiengang Lehramt für Gymnasien, dafür sind es jetzt etwas weniger Studierende im Lehramt an Grundschulen. Stabil ist auch der Studiengang Interreligiöse Studien. Ich bin insgesamt zufrieden. Wir sehen, dass es an anderen Fakultäten auch schwierig ist. Dass es bei uns mittlerweile wieder stabiler läuft, hängt auch damit zusammen, dass wir die Priesteramtskandidaten wieder in Trier haben, nachdem sie zeitweise in Frankfurt St. Georgen waren. Und die verstärkte Arbeit von Regens Tim Sturm und anderen im Bereich der Berufungspastoral zahlt sich schon aus.

Es ist sicherlich ein Plus für uns, dass wir als kirchliche Fakultät an der Universität sind. 

Rektor Prof. Dr. Walter Andreas Euler

Wie finanziert sich die Theologische Fakultät?

Die Theologische Fakultät wird praktisch zu 100 Prozent vom Bistum finanziert. Es gibt nur einen kleinen Zuschuss vom Verband der deutschen Diözesen. Früher gab es auch einen Zuschuss vom Land Rheinland-Pfalz, aber im Zuge von Sparmaßnahmen wurde dieser eingestellt, obwohl wir für das Land erhebliche Leistungen im Bereich der Lehrerausbildung erbringen. Wir werden allerdings von der Verwaltung der Universität sehr gut behandelt. Auch die Zusammenarbeit mit der Präsidentin der Universität, Frau Professor Eckkrammer, ist ausgezeichnet.

Wie ist der Ruf der Theologischen Fakultät Trier im Vergleich zu anderen theologischen Fakultäten?

Es ist sicherlich ein Plus für uns, dass wir als kirchliche Fakultät an der Universität sind. Für viele sind wir eine Unifakultät, wir haben aber einen eigenen Status, das ist unser Alleinstellungsmerkmal im gesamten deutschsprachigen Raum. Unser Kollegium ist gut vernetzt mit anderen Fakultäten, ist präsent und anerkannt in der theologischen Forschung. Wir haben uns, gerade was das Kollegium betrifft, sehr verändert in den vergangenen Jahren. Es gibt mehr Professorinnen und Professoren als früher, die einen internationalen Background haben. Sie sind also nicht nur im deutschsprachigen Raum bekannt, sondern waren längere Zeit auch im Ausland. Marco Benini etwa war in Washington D.C., aktuell ist er im Forschungssemester wieder dort. Oder Annemarie Mayer: Sie war in Löwen in Belgien Professorin und vorher in Rom und Genf tätig für die Kurie. Klaus Vellguth war bei Missio in Aachen und ist vernetzt in der ganzen Welt. Diesen weiten Horizont bringen diese Kollegen natürlich in die Fakultät ein. Nach 2015 wurden die meisten Stellen neu besetzt, und in dieser Zeit hat sich die Fakultät von einer stark auf die Region und auch auf Deutschland bezogenen Fakultät zu einer Fakultät ausgeweitet, die ganz selbstverständlich international vernetzt ist. Wir haben Kooperationen nicht nur mit Cochabamba in Bolivien, sondern auch mit theologischen Hochschulen in Ruanda. Diese Zusammenarbeit ist über die Ruanda-Partnerschaft der Stadt Trier und des Landes Rheinland-Pfalz entstanden. Wir haben in Europa eine Kirchenkrise, das ist unbestreitbar. Aber anderswo ist die Kirche nicht in dieser Situation. In anderen Regionen der Erde ist sie im Aufschwung, sie wächst etwa in Ruanda sehr stark. Da liegt dann Potenzial für europäische Hochschulen, konkret für die unsere, um Menschen von dort später hier zum Doktorat zu begleiten.

Wie gelingt es, Dozierende für die Theologische Fakultät zu begeistern?

Um ein Beispiel zu nennen: Der Lehrstuhl für Kirchengeschichte war der letzte, der ausgeschrieben wurde. Da hatten wir über 20 Bewerbungen. Das ist für theologische Verhältnisse gut. Wir haben durchgängig wirklich qualifizierte Bewerber genommen und auch bekommen – und sie sind auch geblieben.

Wir müssen etwas tun, um fürs Theologiestudium zu werben. 

Rektor Prof. Dr. Walter Andreas Euler

Und auf Seite der Studierenden, was tut die Fakultät, um das Theologiestudium attraktiv zu machen?

Nach meiner Ernennung zum Rektor hatten wir ein Professorium, also ein Treffen der Professoren, in Tholey. Da war klar: Wir müssen etwas tun, um fürs Theologiestudium zu werben. Daraufhin habe ich eine Werbekommission eingesetzt, der ich selbst vorstehe. Wir treffen uns zwei bis drei Mal im Semester. Es sind Studierende dabei, Vertreter aus dem „Mittelbau“ und Vertreter des Professorenkollegiums. Da planen wir verschiedene Initiativen. Wir haben etwa alle kirchlichen Gymnasien im Bistum angeschrieben, um Besuche in den Oberstufen machen zu können. Dabei stellt man die Fakultät vor, was man mit Theologie anfangen kann und so weiter. Wir sind beteiligt an den Meet&Greet-Tagen des Bistums und präsent bei Berufsinformationstagen und Ausbildungsmessen, sofern das personell machbar ist. Man muss natürlich dicke Bretter bohren. Und man muss hoffen, dass der allgemeine Wind positiv ist. Es spielt uns dabei durchaus in die Karten, dass es viele Berufsgruppen gibt, bei denen es mittlerweile nicht mehr so sicher wie früher ist, dass die Ausbildung mit einer Jobgarantie verbunden ist. Wer heute zum Beispiel Maschinenbau studiert, kann auch nicht sicher sein, dass er in zehn Jahren noch eine Arbeit hat.

Gibt es weitere Faktoren?

Der zweite Punkt ist Künstliche Intelligenz. KI vernichtet jetzt schon Berufe. Wir können sagen – ohne dass wir den Leuten irgendetwas vormachen – dass die Theologie KI-resistent ist. Dieses Fach und die damit verbundenen Berufe zielen auf den ganzen Menschen. Sie vermitteln nicht nur eine Art von Wissen, meinetwegen Kompetenz in Mathematik, was die Maschine besser kann. Vielmehr vermitteln sie Fähigkeiten, die die Menschheit immer brauchen wird, die nicht abhängig sind von Entwicklungen einer bestimmten Form von Digitalisierung. Dafür können wir mit gutem Gewissen werben. Es ist wichtig zu sehen, dass ein Theologiestudium nicht nur qualifiziert für kirchliche, sondern eben auch für andere Berufe, etwa im Krankenhaus- oder im Personalmanagement. Wir haben mehrere Alumni, die ganz erstaunliche Karrieren gemacht haben. Im Grunde umfasst die Theologie fast das gesamte Spektrum der Geisteswissenschaften. Das Fach befasst sich mit historischen, philosophischen, systematischen und natürlich auch philologischen, also auf Sprache bezogenen Fragen. Da ist eigentlich für jeden etwas dabei.

Braucht es denn unbedingt noch eine Theologische Fakultät? Würde nicht etwa ein Institut genügen?

Ich glaube, die Theologische Fakultät hat ihre Existenzberechtigung. Und zwar insofern, dass wir das ganze Feld der Theologie abdecken, was ein einzelnes Institut wie etwa das in Saarbrücken nicht tut. Das ist ein substanzieller Mehrwert. Wir haben etwa Philosophie als eigenständiges Fach. In den Veranstaltungen unseres Philosophen, Dr. Christian Rößner, sitzen wesentlich mehr Studierende von der Universität als aus der Theologischen Fakultät. Herr Rößner hat zum Wintersemester 23/24 angefangen. Einschließlich des Wintersemesters 25/26 haben an seinen Veranstaltungen 717 Personen teilgenommen. Davon waren 131 von unserer Fakultät, 586 von der Uni. Was ich damit sagen will: Diese 586, die die Philosophie hören bei einem Philosophen mit theologischem Background, die nehmen Philosophie anders wahr. Das ist ein Mehrwert auch für die Gesellschaft. Wir wollen uns künftig auch viel mehr mit dem Generalvikariat und dem Bistum vernetzen. Da gab es bisher schon eine Verbindung in der Ausbildung der pastoralen Berufe. Jetzt wollen wir Zertifikate erarbeiten, die berufsbegleitend eine Einführung in die Theologie bieten. Damit eben auch da klar ist: Die Theologische Fakultät hat wirklich einen Mehrwert für das Bistum.

Was wäre Ihr Wunsch für die nächsten 25 Jahre?

Mein größter Wunsch ist, dass es die Theologische Fakultät Trier in 25 Jahren noch gibt. Mein Wunsch wäre weiter, dass wir den Weg, den wir bisher gegangen sind, auch kontinuierlich weitergehen. Das heißt einerseits: klar verankert im Bistum, in der katholischen Theologie, in unserer Tradition. Andererseits aber auch: offen für alle Menschen, die an religiösen, metaphysischen, spirituellen Fragen interessiert sind und das zugleich auch wissenschaftlich reflektieren wollen.

Das Interview ist der erste Teil einer Reihe zum Fakultätsjubiläum. Weiter Artikel finden Sie in den kommenden Ausgaben des gedruckten "Paulinus".

Die Theologische Fakultät in Zahlen

  • 9 Professoren, davon 2 weiblich
  • 4 Lehrstuhlverwaltungen
  • 1 Privatdozent für Moraltheologie
  • 1 Dozent für alte Sprachen
  • 1 Dozentin für Cusanusforschung
  • 1 Lehrbeauftragter für Christliche Spiritualität
  • 1 Lehrbeauftragte für Christliche Kunst und Denkmalpflege
  • 1 Lehrbeauftragte für Altes Testament
  • 11 wissenschaftliche Mitarbeitende (5 weiblich, 6 männlich)
  • 2 wissenschaftliche Assistenten (männlich)
  • 1 wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem Forschungsprojekt mit DFG-Förderung
  • 142 Studierende (68 männlich, 74 weiblich)