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Glasmosaik :Der Umzug des Erzengels

Dem Trierer Restaurator Thomas Lutgen verdankt ein von Künstler Jakob Schwarzkopf geschaffenes Glasmosaik des Erzengels Michael seine Rettung.
Glasmosaik des Erzengels Michael
Datum:
23. Aug. 2025
Von:
Rolf Lorig

Trier. Er hat Philosophie und Ingenieurwissenschaften studiert und jeweils mit einem Doktortitel abgeschlossen. Thomas Lutgen liebt die schönen Künste und Herausforderungen. Wie ist es sonst zu  erklären, dass er in Trier ein wertvolles Zeugnis heimischer Kultur vor dem Abriss bewahrte.

Doch der Reihe nach. Die beliebte Reihe „Theo-Talk“ hatte Dr. Dr. Thomas Lutgen zum Gespräch über die besondere Rettung eingeladen. Zur Erinnerung: Über sechs Jahrzehnte zierte ein etwa siebeneinhalb Quadratmeter großes hochformatiges Mosaik aus Glas- und Fliesenstücken die Front eines Hauses aus den 50er-Jahren an der Ecke der Trierer Ostallee und der Gartenfeldstraße. Das Motiv: Erzengel Michael mit Schwert und Waage in den Händen. 1960 hatte der weit über Trier hinaus bekannte und international gefragte Glasmaler Jakob Schwarzkopf (1926–2001) dieses Kunstwerk entworfen. 

Kunstwerk aus 22 000 Einzelteilen

Längst schon gehörte das Mosaik zum Trierer Stadtbild, stand aber interessanterweise nicht unter Denkmalschutz. Im Sommer 2022 dann musste es weichen. Das Gebäude sollte generalsaniert, energetisch gedämmt und mit zusätzlichen Fenstern ausgestattet werden. Die Maßnahme erforderte den Umzug des Mosaiks. Nun ist es kein Bild, das man einfach so an der einen Wand ab- und an der nächsten wieder aufhängt. Das Kunstwerk besteht aus 22 000 Einzelteilen, hergestellt nach dem Entwurf von Schwarzkopf in den Trierer Werkstätten für Glasgestaltung Binsfeld.

Was also tun? Die Hauseigentümer-Familie Collet war sehr am Erhalt interessiert, der aber nicht umsonst zu haben war. Rund 20 000 Euro, so die Schätzung, mussten für die Abnahme der Elemente investiert werden. Ob das der Grund war, weshalb sich erst nach mehreren öffentlichen Aufrufen Interessenten meldeten, dann aber wieder absprangen? Auch Dr. Udo Fleck vom Verein Trierisch, einem von drei Heimatvereinen, die sich für den Mosaik-Erhalt einsetzten, kann diese Frage nicht beantworten.

Die Zeit drängte. Ein Team der Firma Binsfeld begann mit dem fach- und sachgerechten Abbau des Mosaiks. Kein leichter Job: „Teilweise war das Mauerwerk noch an den Stücken, Sand und Putz mussten von Hand abgeschliffen werden“, erinnert sich Thomas Lutgen. Nachdem sich kein Interessent gemeldet hatte, beschloss er mit seiner Frau, in die Bresche zu springen. 

Dass die Firma Binsfeld noch im Besitz der Original-Entwurfszeichnung von Schwarzkopf war, sollte sich als großes Plus herausstellen. Genauso wie die Tatsache, dass Lutgen über einen geeigneten Werkstattbereich verfügt. Unterstützt von Praktikantinnen machte sich der Restaurator für Wandmalerei, Stuck und Naturstein an die Arbeit. Alle Einzelteile kamen auf drei Wabenplatten, die ein hohes Gewicht tragen können. Mithilfe einer mittelalterlichen Technik wurde das Bild passgenau neu aufgebaut. Begonnen hatten die Arbeiten im Januar, im April 2023 lag schließlich das fertige Ergebnis vor. Mit knapp 400 Kilo wahrlich kein Leichtgewicht.

Abnahme wäre jetzt dank Wabenplatten problemlos

Noch immer war Lutgen bereit, „öffentliche Kunst“ der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Dazu führte er Gespräche mit der Stadt, die jedoch ohne Ergebnis blieben. So fiel die Entscheidung, das Mosaik an der Fassade des eigenen Wohnhauses in der Kurfürstenstraße anzubringen, wo es Haus und Straße schmückt. Sollte das Gebäude eines Tages verkauft werden, kann dank der Wabenplatten das Mosaik ohne Probleme wieder abgenommen werden.

Doch daran denkt das Ehepaar nicht. Auch die eigenen Kinder stünden dem Kunstwerk positiv gegenüber, freut sich der Restaurator. Und dass das Mosaik auf diese Weise im Ostviertel geblieben ist, rundet nicht nur für ihn diese Erfolgsgeschichte ab.