Rizza von Koblenz:Bescheiden, selbstständig, sozial

Koblenz. Laut Überlieferung war Rizza („Die Reiche“) eine wohlhabende Adlige. Sie soll auf der rechten Rheinseite gewohnt und täglich zu Fuß durch den Fluss zur Messe in die Kastorkirche gegangen sein – ähnlich wie Jesus bei Petrus habe ihr bei hohen Wellen nach zwischenzeitlichen Zweifeln ihr fester Glaube geholfen, nicht zu ertrinken. Sie war selbstständig und wohltätig, stiftete große Teile ihres Besitzes der Kirche und den Armen. Schon kurz nach ihrem Tod wurde ihr Grab in St. Kastor als wundertätig verehrt. 1265 baten die Bürger der Stadt den Papst um Anerkennung ihrer Wunder – zehn Jahre später wurde Rizza von Gregor X. seliggesprochen.
Berührende Überfahrt des Schreins auf der Fähre
750 Jahre später kamen Gläubige, Geschichtsinteressierte und viele Gäste zu einem feierlichen Gedenken zusammen. Nach einer Morgenandacht in der Kapuzinerkirche machte sich die Prozession auf den Weg zum Rhein. Dort wartete ein Höhepunkt, der viele berührte: die Überfahrt der Reliquien auf der Fähre, begleitet von Blasmusik und Gebeten. Am Pegelhaus nahm Dekan Thomas Darscheid den Schrein in Empfang. Hier fand auch ein kurzer geistlicher Halt statt, ehe die feierliche Prozession weiter zum Deutschen Eck und schließlich zurück zur Kastorkirche führte.
Bürgermeisterin Ulrike Mohrs sprach ein Grußwort und formulierte die Hoffnung, dass das Rizzafest eine neue Tradition begründen möge. Sie und Darscheid dankten den vielen Ehrenamtlichen, den Musikern der Feuerwehr und des Musikvereins Güls sowie allen Helfern, „ohne die ein solches Fest nicht möglich wäre“.
Historische Vorbilder wie Rizza könnten auch noch heute Orientierung geben, betonte Dr. Fabian Freiberg, Vorsitzender des Fördervereins St. Kastor – „gerade in einer Welt, die sich heute nach Sinn, Gemeinschaft und Vorbildern sehnt“. Bernhard Bandus, Schatzmeister des Fördervereins, sagte: „Das Gedenken an die Selige erlaubt daher nicht nur den Blick zurück, sondern schlägt auch eine Brücke in unsere Zeit.“
Eine klare Position bezog auch der Dekan in seiner Predigt: Er wandte sich gegen gesellschaftliche Kälte und unterstrich die Bedeutung sozialer Gerechtigkeit. „In einer Gesellschaft, in der viele mit der Haltung ‚Ich zuerst‘ auftreten, erinnert Rizzas Beispiel daran: Bescheidenheit beschneidet keine Freiheit, sondern eröffnet sie – im Respekt gegenüber den anderen.“
Glaube, Engagement und Nächstenliebe sind zeitlos
Auch für Holger Liedtke aus dem Organisationsteam hatte das Fest starke Symbolkraft: „Das Bild der Rheinüberfahrt war besonders, weil es auch den Darstellungen auf dem Schrein in St. Kastor entspricht. Mir war wichtig, dass die Besucher nicht nur Andachtsbildchen mitnehmen, sondern vor allem die Freude an einer gemeinsamen Erfahrung.“ Seine Kollegin Theresia Eicher betonte, Rizza sei Teil der Stadtgeschichte – ihr Leben und Wirken verdienten es, nicht vergessen zu werden: „Ihr Jubiläum ist ein guter Anlass, das in den Blick zu nehmen. Sie zeigt, dass Glaube, Engagement und Nächstenliebe zeitlos sind.“
Nach dem Festhochamt in St. Kastor lud ein buntes Gemeindefest rund um das Pfarrheim zum Verweilen ein – mit Musik, Begegnungen, kulinarischen Angeboten und einem Kinderprogramm.
So verband das Rizzafest die Historie mit Glaube und Gemeinschaft – und machte deutlich, dass eine Frau aus dem frühen Mittelalter auch 750 Jahre später noch eine Inspiration sein kann.