Foto: KNA
Papst Franziskus trägt am 25. Juli in Maskwacis einen traditionellen indigenen Kopfschmuck.
Als Büßer in Kanada
Von: Severina Bartonitschek | 7. August 2022
Sechs Tage lang bereiste Papst Franziskus Kanada. Von Edmonton über Quebec bis in den hohen Norden nach Iqaluit. Begleitet wurde er dabei stets von indigenen Trommelklängen, mit Anerkennung, aber auch viel Kritik.
Die Papstreise nach Kanada endete bemerkenswert: Papst Franziskus nannte das erlittene Unrecht der Indigenen eine Form von „Völkermord“. Leider sprach er das Wort „Genozid“ erst aus, als er Kanada schon verlassen hatte – auf der Pressekonferenz im Flugzeug zurück nach Rom. Dass er auf den Begriff verzichtet hatte, den Kanadas Wahrheits- und Versöhnungskommission selbst benutzte, war ihm auf seiner Reise durch das zweitgrößte Land der Erde mehrfach vorgeworfen worden.
Internate als Teil kolonialer Anpassungspolitik
Franziskus hatte diese Reise – trotz körperlicher Einschränkungen – angetreten, um Abbitte zu leisten. Nach jahrelangen Forderungen von Ureinwohnern und Politik an das Kirchenoberhaupt bat er in den vergangenen Tagen um Vergebung für die Rolle der Kirche in dem verheerenden System der Residential Schools. Diese Internate waren wesentlicher Teil kolonial-europäischer Anpassungspolitik.
Rund 150 000 indigene Kinder mussten diese unter Zwang besuchen; unter den desolaten Bedingungen dort starben laut Expertenschätzungen 4000 bis 6000 Kinder. Bei vielen Überlebenden hält das Trauma aufgrund von Misshandlungen und Missbrauch bis heute an. Zwar betrieben auch andere Konfessionen diese vom Staat initiierten und finanzierten Einrichtungen; ihr System baute aber auf jenen Schulen auf, die katholische Missionare mit Beginn der Kolonialisierung in Kanada errichtet hatten. Betreiberin war somit zu einem großen Teil die katholische Kirche.
Franziskus bat für deren Rolle – auch bei der Kolonialisierung und Zwangsmissionierung – während seiner Reise mehrfach um Vergebung, verurteilte dabei die Taten von „vielen Mitgliedern der Kirche“ und „von Ordensgemeinschaften“, „von Christen“ – die Institution „römisch-katholische Kirche“ jedoch nicht.
Dies genau hatte neben den Indigenen auch die vom Staat beauftragte Aufarbeitungskommission gefordert. Kanadas Premierminister Justin Trudeau merkte das bei einem Treffen mit dem Kirchenoberhaupt durchaus an – neben Lob und Dank.
Lobende Worte und Anerkennung für seine, von ihm selbst so bezeichnete „Buß-Reise“ fanden viele Indigene trotzdem. Bei den meisten von ihnen überwog die Erleichterung über diesen, so wichtigen Schritt auf dem Weg der Verarbeitung. Denn neben den vielen Überlebenden selbst leiden ebenso ihre Angehörigen und Gemeinschaften bis heute unter den Traumata durch das Schulsystem.
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