Foto: KNA
Auferstehung. Maria und Maria Magdalena kommen zum leeren Grab. Ikonostase aus Mazedonien.
„Wahrhaftig, umsonst wären wir geboren, hätte uns nicht der Erlöser gerettet“
Von: Reinhold Bohlen | 21. April 2019
Verehrte Leserin, sehr geehrter Leser, was möchten Sie im Leben erreichen? Wann würden Sie sagen: „Ich habe mein Leben gut gelebt. Ich habe nicht vergebens gelebt“?
Viele Menschen sehen in Partnerschaft, Ehe und Familie einen wesentlichen Lebensinhalt: die Sorge füreinander und die Freude miteinander, am gemeinsamen Leben, an den Kindern und der Erschließung ihrer Zukunft. Viele möchten sagen können: „Ich habe meine Begabungen und die Chancen, die mir das Leben geboten hat, wahrgenommen und genutzt. Ich habe es zu etwas gebracht.“ Andere werden sagen wollen: „Ich habe mich zeitlebens um Sinnvolles bemüht; ich habe mich eingesetzt für andere. Ich hinterlasse etwas für die Nachwelt.“ – In dem Maß, in dem wir unsere positiven Vorstellungen und Ideale verwirklichen, sind wir überzeugt, nicht vergebens zu leben. Wichtig sind uns gute Beziehungen zu den Menschen, die uns etwas bedeuten; wir wollen etwas schaffen, es zu etwas bringen und auch Spuren hinterlassen.
Durchkreuzte Hoffnungen
Jede und jeder muss die Frage „Wie lebe ich nicht umsonst in der Welt, in die ich hineingeboren wurde?“ für sich beantworten. Wir alle sind auf der Suche nach einem authentischen Leben. Und wir spüren zunehmend: Um nicht vergebens zu leben, muss zu dem allgemein Vorfindlichen etwas hinzukommen. Letztlich umsonst lebten wir, wenn von uns nichts bliebe – gar nichts. Und dieser schreckliche Gedanke lähmte auch die Menschen, die Jesus mit seiner frohmachenden Botschaft und in seinem befreienden Tun in Galiläa erlebt hatten und in Jerusalem Zeugen seines tragischen Endes geworden waren.
Denn mit dem gewaltsamen und schimpflichen Tod Jesu am Kreuz schien alles aus zu sein. Die Evangelien spiegeln noch die Enttäuschung und Resignation der Jüngerinnen und Jünger, die meinten, nun alle ihre Hoffnungen begraben zu müssen. Denn die „Sache“ Jesu, das Anbrechen der endzeitlichen Herrschaft Gottes, empfanden sie als unlösbar mit seiner Person verknüpft. War er nicht der Weg, die Wahrheit und das Leben? Nein, losgelöst von seiner Person und seinem Schicksal war es sinnlos, Ideale und Ideen weiterzutragen! Das war den Frauen und Männern aus dem Judentum schon deshalb unmöglich, weil sie das Kreuz, an dem Jesus hingerichtet wurde, als Gottes Gericht verstehen mussten. Jesus schien umsonst gelebt zu haben. Er selbst und seine Botschaft waren buchstäblich durchkreuzt worden; der Kreis seiner Jünger hatte sich daraufhin zerstreut.
Dennoch aber nahm die befreiende Gute Nachricht von Jesus, dem Messias, schon bald nach dem Karfreitag mit einer kaum mehr vorstellbaren Dynamik ihren Lauf in der damals bekannten Welt bis in das Zentrum des Römischen Reiches. Wie konnte es zu diesem Umschwung kommen, den wir am Osterfest bejubeln?
Das Fundament des christlichen Glaubens
Die Auferweckung Jesu von den Toten ist daher das Fundament und zusammen mit der Botschaft vom Kreuz das Zentrum des christlichen Glaubens. Und dennoch zeichnen sich die Auferstehungsaussagen im Neuen Testament durch eine beredte Zurückhaltung aus: Nirgendwo finden wir eine Beschreibung des Vorgangs der Auferstehung. Auch berichtet die Schrift an keiner Stelle, dass irgendein Mensch die Auferstehung beobachtet hätte; sie ist ein undurchdringliches, nur im Glauben „durchlichtetes“ Geheimnis.
Inhaltlich meint die Auferweckung Jesu: Der am Kreuz verblutete Jesus von Nazaret wurde in seiner Leiblichkeit durch Gottes Machttat in Seine Herrlichkeit versetzt; er lebt bei Gott. Er geht in die „Welt“ Gottes ein, die nicht mit den Sinnen wahrnehmbar ist.
Es ist eben nicht so, wie König Hiskija, gerade dem Tod entkommen, dankend betet: „Die in die Grube hinabgestiegen sind, hoffen nicht mehr auf deine Treue“ (Jes 38, 18b). Vielmehr spricht der Apostel Paulus von Gott als von dem, der die Toten lebendig macht, und das, was nicht ist, ins Dasein ruft (vgl. Röm 4, 17).
Geht seinen Weg nach!
Einen entscheidenden Hinweis dazu finden wir am Ostermorgen des Markusevangeliums aus dem Mund des jungen Mannes im Felsengrab: Er fordert die Frauen, die zum Grab des Hingerichteten gekommen sind, um aus Zeitmangel unterlassene Begräbnisriten nachzuholen, unmissverständlich auf: Hier ist nicht der Ort eurer Suche! Macht euch vielmehr auf den Weg nach Galiläa, wohin er euch vorausgegangen ist! Dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat (vgl. Mk 16, 1–8).
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Unser Autor …
… Dr. Reinhold Bohlen ist emeritierter Professor der Theologischen Fakultät Trier, Domkapitular in Trier und Rektor der Abteikirche Himmerod.
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