Auch die „Arche“ gehört zu den geistlichen Gruppen, die bei der Wallfahrt präsent sein werden. Arche-Gründer Jean Vanier unterstützt die Heilig-Rock-Wallfahrt mit Texten zur Meditation. Teil sieben und Ende der „Paulinus“-Serie.
„Das ist doch das Gewand Jesu aus dem 19. Kapitel des Johannes-Evangeliums!“ Jean Vanier (83) ist sichtlich begeistert, als er von der Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 und ihren Hintergründen erfährt. Er lebt in Trosly, einem kleinen Ort in der Nähe von Compiègne/Frankreich, rund fünf Autostunden von Trier entfernt.
Jean Vanier hat die Arche 1964 in Frankreich gegründet. Die „Entdeckung von Schönheit, Schmerz und Leid“ der Menschen mit Behinderungen veranlasste den Philosophiedozenten, seinen Lehrberuf aufzugeben, um zwei Männer mit geistiger Behinderung in sein Haus aufzunehmen und eine Gemeinschaft mit ihnen aufzubauen. Aus diesem ersten Impuls wuchs in den folgenden Jahren eine internationale Bewegung mit 137 Gemeinschaften in 40 Ländern und auf allen Kontinenten.
Die Häuser der Gemeinschaften bieten eine sichere und liebevolle Umgebung, in der Menschen mit Behinderungen und Assistent/innen in einer familiären Atmosphäre zusammenleben. Der Lebensstil ist einfach und stellt die zwischenmenschlichen Beziehungen in den Vordergrund.
Die Arche arbeitet aus einer spirituellen Motivation heraus: Ursprünglich im katholischen Milieu Frankreichs entstanden, sind Arche-Gemeinschaften heute in der Regel überkonfessionell, manchmal auch interreligiös. Auch Menschen ohne Religionszugehörigkeit leben und arbeiten in den vier Archen in Deutschland und Österreich mit.
In Deutschland gibt es drei Arche-Gemeinschaften: in Tecklenburg, Ravensburg und Landsberg/Lech, in Österreich eine Arche-Gemeinschaft in Tirol. Darüber hinaus gibt es verschiedene Arche-Projekte, die auf dem Weg zu einer anerkannten Gemeinschaft sind. Auch in Trier wird über die Gründung einer Gemeinschaft nachgedacht. Insgesamt sind es in Deutschland derzeit rund 40 Menschen mit geistigen Behinderungen, die in den Arche-Häusern leben.
Eine zweite Bewegung ist dazu gekommen: „Glaube & Licht“. Die Gemeinschaften sind mit der Arche verwandt. Sie setzen sich aus Familien und Einzelpersonen zusammen, die nicht miteinander leben, aber die sich regelmäßig treffen.
Jean Vanier war während der Heilig-Rock-Tage 2009 zu einem „Katimavic“ in Trier. Bei dieser Zusammenkunft trafen sich etwa 200 Menschen mit und ohne Behinderung von Arche und „Glaube & Licht“ aus Deutschland, Österreich, Luxemburg und den Niederlanden. Bei dieser Gelegenheit begegnete Jean Vanier auch dem Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann. Jean Vanier erinnert sich lebhaft: „Das war bisher der erste und einzige Bischof, der auf dem Fahrrad kam, um mich zu besuchen!“
Bei der Suche nach Geistlichen Gemeinschaften, die während der Wallfahrt die Stationskirchen geistlich betreuen, wurde auch die Arche angefragt. Die Arche-Regionalkoordinatorin für Deutschland und Österreich, Astrid Froeb aus Tecklenburg, war von der Idee sofort begeistert. Der Regionalrat stimmte zu.
Gerade das Thema der Wallfahrt „... und führe zusammen, was getrennt ist“ bringt ein Kernanliegen und eine Kernerfahrung der Arche zum Ausdruck: „Menschen mit und ohne Behinderung gehören zusammen“ – wenn sie zusammenfinden und miteinander leben, dann ist Erlösung erfahrbar, bis tief hinein in die eigene Existenz. Viele junge Leute, die durch einen Freiwilligendienst mit der Arche in Berührung kommen, machen diese Erfahrung. Die Zeit in und mit der Arche verändert.
Beim Regionaltreffen der Arche Deutschland/Österreich in Tirol unterzeichneten die Teilnehmenden eine überdimensionale Postkarte – eine Wallfahrtsfahne – an Jean Vanier. Damit verbunden war die Einladung, zur Heilig-Rock-Wallfahrt nach Trier zu kommen.
Astrid Froeb und Ralf Schmitz, der Pfarrer der Katholischen Gehörlosengemeinde im Bistum Trier, überbrachten die Einladung bei einem Besuch in Trosly. Jean Vanier kann wegen seines hohen Alters nicht mehr nach Trier reisen und persönlich an der Wallfahrt teilnehmen. Dennoch will er die Wallfahrerinnen und Wallfahrer aus der Arche, von „Glaube & Licht“ und alle, die zu ihnen kommen, begleiten und unterstützen. Er hat Impulstexte für die täglichen Arche-Gebete in der Herz-Jesu-Kirche verfasst, die die Pilgerinnen und Pilger auf ihrem Weg mit Jesus inspirieren können. So ist Jean Vanier mit einer persönlichen Glaubenserfahrung präsent, die aus seiner Beziehung zu Jesus im Horizont der Arche gewachsen ist.
Arche und „Glaube & Licht“ werden die ganze Wallfahrtszeit hindurch die Stationskirche Herz-Jesu in der Friedrich-Wilhelm-Straße in Trier betreuen. Fünf Wallfahrtsteams von 10 bis 15 Personen wirken dabei mit. Die Kirche ist geöffnet dienstags bis freitags von 10.30–12.30 und 14.30–17 Uhr; samstags von 10.30–16.30 und 19–21 Uhr; sonntags von 10.30–18 Uhr; montags ist Ruhetag. In der Stationskirche werden die Pilger begrüßt, es gibt einen Informationsstand über die Arche und ein Café. Dienstags bis samstags findet um 11 Uhr ein Pilgergebet statt.
Samstags ist um 19.30 eine Feier der Fußwaschung, sonntags um 11 Uhr ein Gebet mit Taufgedächtnis und um 17 Uhr eine Eucharistiefeier oder ein Gottesdienst mit Abendmahl.
Die Meditationstexte von Jean Vanier bilden den Kern des täglichen Pilgergebets. Die acht Themen der Texte sind: „Von Jesus gerufen“, „Schönheit entdecken“, „Nacktheit berühren“, „Beschenkt und beauftragt“, „Von Jesus geliebt“, „Versöhnung erfahren“, „Im Frieden sein – Frieden bringen“ und „Vom Geist erfüllt, von Jesus gesandt“.
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