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Leben im Ahrtal

Foto: Harald Oppitz
Michael und Sarah vor ihrer Haustür in Sinzig.

Leben im Ahrtal

Von: Harald Oppitz | 10. Juli 2022
Idylle pur – der Ahrtalweg von der Rheinmündung bis zur Quelle. Vor der Flut. Ein Jahr danach: auf weiten Strecken gesperrt, weggespült, auf Schotterpisten verlegt. Unterwegs zu Menschen im zerstörten Paradies.

Sanft plätschert das Wasser am Ufer über die Kieselsteine, ein Paar geht mit Hund spazieren, der durchs Wasser tollt. Doch der idyllische Schein trügt. Keine zehn Meter hinter der Ahrmündung in den Rhein bei Sinzig liegen die Schrottteile einer zerstörten Brücke, Treibholz hängt in den Uferböschungen – viel Holz, große Brocken.

Der Ahrtalweg beginnt mit einer Absperrung. Es folgt ein kurzer Umweg, der erste von vielen. Zwei Kilometer weiter sitzen Michael und Sarah auf den Treppenstufen im Hauseingang bei einer Pause. In der Nacht der Flut mussten sie mit ihren Kindern aus dem Haus fliehen. Keller und Erdgeschoss standen unter Wasser. „Aber wir hatten ja noch Glück, wir leben“ – und sie können das Haus mit viel Eigenarbeit renovieren. Es ist ein Leben auf der Baustelle: „Seit dieser Woche haben wir auch wieder eine Haustüre!“, freut sich Michael – knapp ein Jahr nach der Flut.

Nachbarschaft hat sich positiv entwickelt

Die Gemeinschaft in der Nachbarschaft habe sich verändert. Positiv: Mit einigen, die man vorher nur vom Sehen kannte, seien Freundschaften entstanden, doch viele seien auch mit den Nerven am Ende: „Viele würden ja gerne renovieren, aber wir bekommen kaum Material, kaum Handwerker. Das zermürbt.“ Sorgen macht sich das Paar um die Kinder, erzählt Sarah: „Wenn es stark zu regnen beginnt, fragen sie immer ,Mama, kommt das Wasser wieder?‘“

Weiter flussaufwärts. Überall abgesperrte Wege, Steinmännchen zieren das gegenüberliegende Flussufer, zerborstene Brückenstahlträger das hiesige. An fast allen Häusern ist immer noch am abgeschlagenen Putz zu erkennen, wie hoch das Wasser stand.

Rainer und Anja sitzen vor ihrem Wohncontainer in Bad Neuenahr. Man könne eigentlich ganz gut in diesen Provisorien leben, gibt sich Rainer zufrieden – auch wenn sie anfangs gehofft hatten, bis zum Frühsommer wieder in ihrem Haus in Ahrweiler zu sein. „Weihnachten wäre ein Traum“, sagt Anja nun und seufzt. Auch für sie ist Baumaterial das große Problem.

Vier Stunden in Strömung an Gitter geklammert

Dass sie hier im Container direkt an der Ahr sitzen, macht Rainer bei Regen zu schaffen. Dann kommen die Bilder wieder hoch: wie er sich vier Stunden in der Strömung an ein Gitter geklammert hat. „Das Schlimmste war, über zehn Stunden nicht zu wissen, wo meine Frau ist, ob sie noch lebt.“ Die beiden blicken sich schweigend an. „Das wird nie wieder passieren, beim nächsten Mal bleiben wir zusammen.“

Heiko, einer der vier Priester in der Pfarrei Bad Neuenahr-Ahrweiler, ist am nächsten Morgen früh mit seinem Mini durch die Weinberge unterwegs. Es ist Sonntag – und auf dem Hügel in Kirchdaun gibt es immerhin noch ein „bespielbares“ Kirchengebäude. Die Belastungen seien auch für sie als Seelsorger extrem hoch. So viele Schicksale, so viele Menschen, die reden wollen. Und viele Ehrenamtliche hätten zurzeit genug mit eigenen Problemen zu kämpfen. Ihm habe die Belastung auf den Magen geschlagen, doch die Stelle wechseln, das kommt für Heiko nicht in Frage: „Ich will hier nicht weg, ich kann hier nicht weg. Ich kann die Leute hier nicht im Stich lassen in der aktuellen Situation. Was es an Fragen, Herausforderungen, aber auch an Chancen gibt, da kriegt mich hier nichts weg.“





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„Paulinus“-Leserreise 2024

Die nächste „Paulinus“-Leserreise führt vom 28. September bis 5. Oktober nach Kroatien. Die dalmatinische Küste Kroatiens zählt zu einer der malerischsten Europas. Unzählige vorgelagerte Inseln, herrlich verträumte Buchten, ein kristallklares Meer sowie die einzigartigen Städte Dubrovnik, Split und Trogir (deren Altstädte stehen unter dem Schutz der Unesco) werden Sie verzaubern.


Lebensberatung im Paulinus

An dieser Stelle beantworten regelmäßig Lebensberaterinnen und -berater aus den Einrichtungen des Bistums Trier Fragen zu verschiedenen „Problemfeldern“ des Lebens, zum Beispiel aus den Bereichen Erziehung, Ehe oder Familie. Wenn Sie zu einem Problem Beratung oder Antworten suchen, können Sie sich entweder an die „Paulinus“-Redaktion, Postfach 3130, 54221 Trier, oder direkt an die Lebensberatungsstellen im Bistum Trier wenden. Viele Paulinus-Beiträge aus der Praxis der Lebensberater finden Sie im Paulinus-Archiv/Lebensberatung.


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Synode im Bistum Trier

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