Foto: KNA
Demonstranten am Eingang von Sankt Bonifatius in Lingen, während die Bischöfe zum Eröffnungsgottesdienst der Vollversammlung einziehen.
Auf den synodalen Weg gemacht
Von: Ludwig Ring-Eifel | 24. März 2019
Protestierende katholische Frauen, Theologieprofessoren mit steilen Thesen und Bischöfe auf neuen Wegen: Die Frühjahrsversammlung der deutschen Bischöfe im emsländischen Lingen markiert einen Einschnitt.
In einer überraschenden Entscheidung haben die deutschen katholischen Bischöfe eine offene Debatte über umfassende Veränderungen ihrer Kirche beschlossen. Ohne Gegenstimmen einigten sie sich nach intensivem Ringen auf einen verbindlichen „synodalen Weg“, der die Positionen zu den Themen Macht-Teilung, Zölibat und Sexualmoral klären soll.
Der Konferenz-Vorsitzende Kardinal Reinhard Marx zeigte sich am Ende der viertägigen Beratungen in Lingen erleichtert. Er sei froh, dass nun ein neuer Weg beschritten werde, auch wenn er wegen der zu erwartenden Kontroversen Risiken berge. Ausflüchte seien nicht mehr möglich; die Bischöfe spürten, dass „die Gläubigen das nicht mehr mitmachen“.
Proteste der katholischen Basis hatten die Beratungen der Bischofskonferenz in Lingen gleich zu Beginn begleitet. Die Debatten der Bischöfe kreisten zunächst um das Thema der transparenten „Aufarbeitung“ der oft weit zurückliegenden Verbrechen. Bald ging es dann aber auch um die Frage, ob angesichts der Glaubwürdigkeitskrise der Kirche umfassende Veränderungen in ihrer Struktur sowie in ihrer Morallehre notwendig sind.
Eine Debatte über solche „systemischen“ Veränderungen haben den Bischöfen auch die Wissenschaftler empfohlen, die in der im Herbst veröffentlichten Studie Ausmaß und Ursachen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Geistliche untersuchten. Das wurde von vielen Bischöfen als Zäsur empfunden. Verstärkt wurde dieser Eindruck durch eine wachsende Kritik aus der Mitte der Kirchenmitglieder.
Die Frage nach der Zäsur
Weniger konkret waren die Schritte, die der Trierer Bischof Stephan Ackermann als „Missbrauchsbeauftragter“ der Konferenz vorstellte. Abermals stellte er eine Zusammenarbeit mit staatlichen und anderen nichtkirchlichen Stellen bei der Aufarbeitung in Aussicht. In der Frage der Entschädigung verteidigte er den kirchlichen Sonderweg einer Zahlung von durchschnittlich 5000 Euro pro Opfer „in Anerkennung des erlittenen Leids“. Zugleich kündigte er an, dass diese Methode überprüft werden solle.
Eine kleine Sensation war der „Studientag“ der Bischöfe unter dem Titel „Die Frage nach der Zäsur“. In Vorträgen empfahlen männliche und weibliche Theologieprofessoren den Bischöfen, die „Sakralisierung der Macht“ in der Kirche zu überwinden.
Der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff warb für eine Sexualmoral, die den Erkenntnissen der Wissenschaft entspricht und von den Menschen verstanden werden kann. Er plädierte für ein Festhalten an der traditionellen Ehe von Mann und Frau bei gleichzeitiger Wertschätzung für andere gelebte sexuelle Orientierungen – und bekam dafür Applaus von zahlreichen Bischöfen.
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