In einer historisch beispiellosen Geste hat Papst Franziskus um ein Ende der Corona-Pandemie gebetet.
Bei der Feier am Abend des 27. März auf den Stufen des Petersdoms rief er die Hilfe Gottes in der Notlage und seinen Trost für Kranke und Sterbende an. Abschließend erteilte er den Segen „Urbi et orbi“, den feierlichsten Segen der katholischen Kirche, der mit einem Ablass unter anderem für Kranke und Sterbende verbunden ist. Der 27. März war für Italien der bis dahin schwärzeste Tag in der Coronakrise. Der Zivilschutz meldete 969 Tote.
Wegen der Ausgangsbeschränkungen blieb der Petersplatz für Gläubige gesperrt. Radio- und Fernsehanstalten aus aller Welt sowie vatikanische Medien übertrugen die Zeremonie live.
Franziskus wertete die Situation als eine Krise, die falsche Gewissheiten und Prioritäten der Weltgesellschaft aufdecke. Dabei verwies er auf Allmachtsdenken, Gewinnsucht und Rücksichtslosigkeit gegenüber Schwachen und ökologischen Ressourcen. „Wir haben unerschrocken weitergemacht in der Meinung, dass wir in einer kranken Welt immer gesund bleiben würden“, sagte der Papst. Zu Beginn der Feier war der 83-Jährige allein die Stufen des Petersdoms emporgestiegen. Zu den Seiten des Hauptportals waren ein mittelalterliches römisches Kruzifix aufgestellt, das an das Ende der Pest 1522 erinnert, und die Marienikone „Salus populi Romani“. Beide Bildnisse werden von Gläubigen in persönlichen Nöten aufgesucht. Franziskus hatte sie am 15. März in einer privaten Wallfahrt besucht, um ein Ende der Pandemie zu erflehen.
In seiner Ansprache würdigte der Papst diejenigen, die sich für eine Überwindung der Krise einsetzten. Ausdrücklich nannte er Ärzte und Krankenschwestern, aber auch Supermarktangestellte, Reinigungspersonal, Betreuer, Transporteure, ehrenamtliche Helfer und Geistliche. Es seien viele, „die verstanden haben, dass niemand sich allein rettet“. Besonders Eltern und Erzieher zeigten Kindern, „wie sie einer Krise begegnen und sie durchstehen können“. Viele Menschen übten sich in Geduld, verbreiteten Hoffnung und seien darum besorgt, keine Panik zu verbreiten, sondern Mitverantwortung zu fördern.
Anschließend betete der Papst lange vor der Marienikone und dem Kruzifix sowie vor dem Allerheiligsten, einem Schaugefäß mit einer geweihten Hostie, in der nach katholischer Lehre Christus gegenwärtig ist.
Wegen der Coronakrise finden die päpstlichen Zeremonien der Kar- und Ostertage erheblich verändert statt. Nach Angaben des Vatikans feiert das Kirchenoberhaupt die zentralen Gottesdienste am Altar des Petersdoms und ohne Anwesenheit von Gläubigen. Damit entfallen in diesem Jahr die großen Veranstaltungen wie der Kreuzweg an Karfreitag beim Kolosseum oder die Ostermesse auf dem Petersplatz. Einzelheiten blieben laut der Mitteilung vom 27. März zunächst noch offen.
Am Palmsonntag erfolgt das Gedenken an den Einzug Jesu in Jerusalem demnach in einem Gottesdienst in der Basilika und ohne die traditionelle Prozession über den Petersplatz.
Im Programm des Gründonnerstags fehlt dieses Jahr die Chrisam-Messe zur Weihe heiliger Öle; die Eucharistiefeier zur Erinnerung an das Letzte Abendmahl Jesu, die Papst Franziskus in Haftoder Betreuungseinrichtungen zu halten pflegte und die von seinen Vorgängern in der Lateranbasilika gefeiert wurde, findet in Sankt Peter statt.
An Karfreitag ist die Feier vom Leiden und Sterben Christi auf einen ungewöhnlich späten Zeitpunkt um 18 Uhr verschoben. Der abendliche Kreuzweg, traditionell einer der stimmungsvollen Höhepunkte der römischen Kar- und Ostertage beim Kolosseum, vollzieht sich auf den Stufen den Petersdoms.
Die Feier der Osternacht begeht der Papst am Samstagabend um 21 Uhr in der vatikanischen Basilika. Dort hält er am folgenden Ostersonntag relativ spät um 11 Uhr auch die Ostermesse; anschließend erteilt er den Segen „Urbi et orbi“.