Paulinus - Wochenzeitung im Bistum Trier

Paulinus - Kopfbereich:

Paulinus - Inhalt:
Paulinus - Hauptinhalt:
Andere Hilfe ist jetzt gefragt

Foto: KNA
Frank Waldschmidt leitet das Hilfezentrum „Schleidener Tal“.

Andere Hilfe ist jetzt gefragt

Von: Anita Hirschbeck | 16. Januar 2022
Vor sechs Monaten traf die Flutkatastrophe auch das Schleidener Tal in der Eifel. Nach den ersten Aufräumarbeiten brauchen die Menschen jetzt psychologische Angebote.

Es hat wieder viel geregnet im Schleidener Tal, und die Pegel von Olef und Urft sind wieder stark gestiegen. Frank Waldschmidt, Leiter der Beratungs- und Koordinierungsstelle „Schleidener Tal“ hört in diesen Tagen öfter die Sorgen von Menschen aus der Umgebung, es könne wieder ein Hochwasser geben. Sicher würde es nicht so schlimm werden wie vor fast einem halben Jahr, als die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen (NRW) und Rheinland-Pfalz Häuser weg- und Menschen aus dem Leben riss. Aber trotzdem: „Man kann sich sehr gut vorstellen, was in den Köpfen der Menschen gerade vorgeht“, sagt Waldschmidt.

Der 59 Jahre alte Psychotherapeut und Theologe war für den Malteser-Hilfsdienst schon während des Elbe-Hochwasser in Ostdeutschland im Einsatz. Nun hat es seine Heimat getroffen: den Kreis Euskirchen in der Eifel – eigentlich beliebtes Ausflugsziel für Menschen aus Köln und der Region. Bis zu 3500 Haushalte sind in der Stadt Schleiden von den Folgen der Unwetterkatastrophe betroffen. Neun Menschen verloren ihr Leben. Seit Anfang Dezember betreiben die Malteser und die Stadt zusammen mit weiteren Organisationen die Beratungs- und Koordinierungsstelle im Ortsteil Gemünd. Das Zentrum, das zunächst zwei Jahre geöffnet hat, ist in einem vormals leerstehenden Haus untergebracht, in dessen Erdgeschoss das Wasser „nur“ etwa 30 Zentimeter stand.

Auf eben dieser Etage helfen jetzt Sozialarbeiter Betroffenen dabei, Formulare auszufüllen. Im ersten Stock bieten Psychologen und eine Trauerberaterin Gespräche an. Im Cafe Lichtblick – einem Raum mit Küchenzeile und fünf Bistrotischen – treffen sich alle zwei Wochen Menschen aus der Region, um sich auszutauschen. Im Dachgeschoss liegen Malstifte und gespendete Kuscheltiere für Kinder bereit. Ein „warmer, sicherer Ort mitten im Flutgebiet“ soll das Zentrum sein, sagt Trauerberaterin Conny Kehrbaum. Die 54-Jährige ist ebenfalls für die Malteser tätig. Vor allem die psychosozialen Bedarfe würden erst jetzt wirklich sichtbar. „Alle waren erstmal mit Funktionieren, mit Aufräumen beschäftigt“, sagt Kehrbaum.

Wer durch den Ort fährt, für den ist die Katastrophe nur noch an einigen Stellen sichtbar. Hier eine kaputte Hausfassade, dort fehlende Fensterfronten, aber keine meterhohen Schuttberge oder Schlammmassen. Dennoch: Wer genauer hinsieht, erkennt, dass die Erdgeschosse in etlichen Häusern immer noch leer sind. Die Menschen leben in den oberen Stockwerken, erzählt Waldschmidt. Oder sie kehren ihrer Heimat ganz den Rücken. Rund 2500 Anwohnende brauchen nach Einschätzung des Zentrumsleiters psychologische Hilfe – allein im Schleidener Tal.

Doch Hilfesuchende hingen oft viel zu lange in Warteschleifen. Wer ein Angebot bekomme, müsse teilweise weite Strecken auf sich nehmen. „Das können wir jetzt mit verschiedenen Maßnahmen noch beherrschen.“ Viele seiner Kolleginnen und Kollegen engagierten sich sehr, das System sei aber komplett ausgereizt. „Wir brauchen jetzt kreative Lösungen für die Regelversorgung“, fordert Waldschmidt. Darüber habe er auch schon mit Vertretern der NRW-Landesregierung gesprochen.

Waldschmidt kritisiert auch, dass viele Betroffene immer noch nicht die Unterstützungsgelder erhalten haben, die ihnen versprochen wurden. Von den rund 10 500 Anträgen, die in NRW bis zum 20. Dezember eingegangen sind, befinden sich 62 Prozent noch in Bearbeitung, berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“. Waldschmidt warnt: Die bürokratischen Hürden könnten bei Betroffenen erneut ein Gefühl der Ohnmacht auslösen – genau wie in der Flutnacht.



Paulinus - Marginalinhalt:

Im Blickpunkt

„Paulinus“-Leserreise 2023

Die nächste „Paulinus“-Leserreise führt vom 24. April bis 1. Mai nach Apulien in Italien. Der Stiefelabsatz Italiens lockt mit angenehmen frühlingshaften Temperaturen, einer beeindruckenden Landschaft sowie großer Geschichte und Kultur.


Lebensberatung im Paulinus

An dieser Stelle beantworten regelmäßig Lebensberaterinnen und -berater aus den Einrichtungen des Bistums Trier Fragen zu verschiedenen „Problemfeldern“ des Lebens, zum Beispiel aus den Bereichen Erziehung, Ehe oder Familie. Wenn Sie zu einem Problem Beratung oder Antworten suchen, können Sie sich entweder an die „Paulinus“-Redaktion, Postfach 3130, 54221 Trier, oder direkt an die Lebensberatungsstellen im Bistum Trier wenden. Viele Paulinus-Beiträge aus der Praxis der Lebensberater finden Sie im Paulinus-Archiv/Lebensberatung.


Einfach Leben

Ein eigenes Haus, ein Auto, regelmäßiger Urlaub, Fernreisen, ein möglichst gut gefülltes Bankkonto. So sah lange Zeit der Traum vom Wohlstand aus. Doch immer mehr setzt sich heute die Erkenntnis durch: „Viel haben“ heißt noch nicht „gut leben“, und „weniger ist vielleicht mehr“. In Zusammenarbeit mit Barbara Schartz vom Themenschwerpunkt Schöpfung bei der Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum beleuchten wir das Thema in einer lockeren Serie und stellen Menschen vor, die für Veränderung eintreten oder anders leben.


Synode im Bistum Trier

Die Synode wurde am 29. Juni 2012 von Bischof Ackermann ausgerufen. Die Trierer Bistumssynode hat ihr Abschlussdokument „heraus gerufen – Schritte in die Zukunft wagen“ am 30. April 2016 verabschiedet.



Video

  • Hirtenbrief zur österlichen Bußzeit
    In seinem Hirtenwort zur österlichen Bußzeit spricht Bischof Stephan Ackermann davon, dass - auch wenn wir erkennen, was gut oder böse, was richtig oder falsch ist - es uns dennoch oft schwer fällt, das Gute zu tun.
  • Zur Neufassung des kirchlichen Arbeitsrechts
    Bischof Stephan Ackermann erläutert im Video, welchen Perspektivwechsel die neue Grundordnung vollzogen hat: Die "katholische Identität" ist im Selbstverständnis der Organisation begründet. (Bericht im „Paulinus“)
  • Bleibender Gewinn fürs Museum
    Das Museum am Dom ist am Ende der rheinland-pfälzischen Landesausstellung „Der Untergang des Römischen Reiches“ mit Besucherzahl und Resonanz sehr zufrieden. Viele Stücke werden in die neue Dauerausstellung integriert werden, sagt Museumsdirektor Markus Groß-Morgen (Video: Zeljko Jakobovac).
  • Pfarrer Bruno Comes begleitet "Kirche im Kino"
    „Rollenwechsel – Kirche im Kino“ hat in Bernkastel mit Pfarrer Bruno Comes (56) einen neuen Begleiter (ausführlicher Bericht im "Paulinus").
  • Metallbaupreis für Arbeiten in Abtei Tholey
    Mit dem Deutschen Metallbaupreis 2022 in der Kategorie „Metallgestaltung“ ist die Kunstschmiede Bender aus Schweich für Schmiede- und Metallbauarbeiten in der Benediktinerabtei Tholey ausgezeichnet worden (Bericht im "Paulinus").
  • Weitere Videos
    Weitere Videos des Paulinus finden sich auf www.youtube.com/PaulinusTrier




Paulinus - Fuss: