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Boliviens Präsident Evo Morales gibt am 10. November seinen Rücktritt bekannt und macht den Weg für Neuwahlen frei.
Was kommt nach Morales?
Von: red/KNA/bs | 17. November 2019
Boliviens Präsident Evo Morales ist zurückgetreten. Unklar blieb zunächst, wie es nun weitergeht.
In Bolivien, dem Land der Trierer Partnerkirche, ist der langjährige Präsident Evo Morales zurückgetreten. Seinen Schritt verkündete Morales am Abend des 10. November (Ortszeit) im bolivianischen Fernsehen. Zuvor hatte ihn die Armeespitze zum Rücktritt aufgefordert, um das Land zu befrieden.
Am Morgen des 10. November hatte die Kommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) über Unregelmäßigkeiten bei den Präsidentschaftswahlen am 20. Oktober berichtet. Daraufhin hatte Morales zunächst Neuwahlen angekündigt. Die offizielle Wahlbehörde hatte Evo Morales zum Sieger im ersten Durchgang erklärt (der „Paulinus“ berichtete mehrfach).
Die Staatsanwaltschaft hat nun Ermittlungen gegen die Funktionäre der Wahlbehörde aufgenommen.
Die Opposition demonstrierte seit Wochen gegen das offizielle Wahlergebnis. Auch nach der Rücktrittserklärung von Morales und der Ankündigung von Neuwahlen ebbten die Unruhen in Bolivien zunächst nicht ab. Es kam zu gewalttätigen Übergriffen gegen Vertreter der Opposition. Lokale Medien berichteten über Verwüstungen in einigen Teilen des Landes durch Anhänger von Morales. Auch die Stellvertreter von Morales legten ihre Ämter nieder. Mexiko gewährte Morales politsches Asyl und flog ihn mit einer Regierungsmaschine von Bolivien nach Mexiko aus. Bei Redaktionsschluss dieser „Paulinus“-Ausgabe war unklar, wer in Bolivien regiert. Boliviens Militär kündigte eine „angemessene“ Reaktion an, um die Gewalt zu beenden.
Die bolivianischen Bischöfe verurteilten die Gewalt und riefen zum Dialog auf. Sie forderten in einer am 10. November veröffentlichten Stellungnahme, den „friedlichen Geist zu bewahren, der in unserem Land geherrscht hat“. Zudem forderten sie das Parlament auf, einen Interimspräsidenten zu ernennen, der Neuwahlen überwachen solle, „damit das ganze Volk seine Meinung in Frieden und Freiheit ausdrücken kann“.
Der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Steylerpater Michael Heinz, schloss sich dem Friedensappell der bolivianischen Bischöfe an. Für den aus dem saarländischen Düppenweiler stammenden Adveniat-Chef ist Evo Morales ein weiteres Beispiel für die mit der Zeit von der Macht korrumpierten Präsidenten Lateinamerikas. „Seit seinem Amtsantritt 2006 hat sich das Leben sehr vieler Armer in Bolivien entscheidend verbessert.
Insbesondere der indigenen Bevölkerungsmehrheit hat der ehemalige Gewerkschaftsführer aus dem Volk der Aymara ein bis dahin nicht gekanntes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl gegeben“, heißt es in einer Erklärung von Adveniat am 11. November. Umso tragischer sei es, dass er – anstatt wie von der Verfassung vorgesehen – es versäumt habe, nach zwei Amtszeiten auf das Amt zu verzichten. „Er hat an der Macht geklebt“, kritisierte Pater Heinz.
Von der deutschen Bundesregierung erwartet Heinz „mehr als die üblichen Aufrufe zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“. Deutschland und Europa müssten „sich ernsthaft für die Länder Lateinamerikas interessieren, anstatt sie nur als Rohstofflager auszuplündern“. Die Bundesregierung unterstütze „vor allem Wirtschaftsunternehmen dabei, mit den Reichen der lateinamerikanischen Länder lukrative Verträge über die Ausbeutung von Bodenschätzen abzuschließen“, kritisierte der Steylerpater, der zehn Jahre als Priester in Bolivien tätig war. Große Sorge mache ihm der Blick auf die nächste Zeit: „Es ist vollkommen unklar, wie es nun weitergeht.“
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