Daun:
Als einzige Einrichtung im Landkreis Vulkaneifel bietet der Caritasverband Westeifel an seiner Dauner Dienststelle eine Schuldner- und Insolvenzberatung an. Die Verantwortlichen sind überzeugt, dass die Nachfrage bald coronabedingt steigen wird.
Wahrscheinlich erwarten die Ratsuchenden am wenigsten, dass sie von Brigitte Brokonier und Birgit Schmiegel mit den Worten empfangen werden: „Gut, dass Sie gekommen sind.“ Doch genau so ist es. „Wir machen keine Vorhaltungen, sondern suchen gemeinsam nach Lösungen“, erklären die Sozialarbeiterinnen der Caritas, die für die Schuldner- und Insolvenzberatung im Landkreis zuständig sind, ihre Arbeit.
Sie verwenden dafür ein eingängiges Bild: das eines völlig verknoteten Wollknäuels. Genau damit sei die Situation der Betroffenen zu vergleichen – wenn sich durch Krankheit, Arbeitslosigkeit und Trennung das Einkommen verschlechtert hat, Gehalt oder Lohn gepfändet wurden, Strom oder Miete nicht mehr bezahlt werden können, Post von Gläubigern, Gerichten oder Gerichtsvollziehern ankommt, die Bank nichts mehr auszahlt und der Lebensunterhalt nicht mehr bestritten werden kann. „Wir entwirren das Wollknäuel, bringen die Fäden wieder in klare Bahnen und geben sie den Klienten schließlich wieder selbst in die Hand“, erklärt Schmiegel. „Und das machen wir richtig gerne und mit Leidenschaft“, ergänzt Brokonier. „Es gibt für alles Lösungen“, betonen die Beraterinnen. „Zu uns kommen die Menschen aber meist erst, wenn alles zusammenbricht. Dann sind wir in der Regel die Ersten, die von der Verschuldung erfahren.“
Die Entwirrung sei schmerzhaft, Tränen gehörten dazu. Meist liege ein jahrelanger Kampf hinter den Betroffenen – immer in der Hoffnung, dass es gut gehe. Die Schulden haben sich zu einem Berg angehäuft – aus mangelnder Kompetenz oder Naivität, um Konsumwünsche zu befriedigen oder wegen einschneidender Erlebnisse. Um den Schritt zur Schuldnerberatung zu tun, brauche es eine Initialzündung – etwa ein Vollstreckungsbescheid oder der Hinweis eines besorgten Arbeitgebers. „Das erste Gespräch ist von Scham geprägt und oft auch von der Angst, ins Gefängnis zu kommen“, schildert Schmiegel eine Erfahrung. „Wir begleiten die Klienten ganzheitlich und sozial, damit sie ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen können. Das ist schön und anstrengend zugleich“, ergänzt ihre Kollegin. Es gehe nicht nur darum, die Schulden zu regulieren, sondern es werde auch darauf geachtet, dass die Betroffenen in Zukunft mit ihrem Geld auskommen.
Die Expertinnen und Verantwortlichen sind überzeugt davon, dass der Bedarf an Schuldnerberatung im Laufe des Jahres noch ansteigt. „Wir sind erst am Anfang“, meint Fachbereichsleiter Andreas Rötering mit Blick darauf, dass es wegen Corona gerade für Menschen aus dem Niedriglohnbereich schwieriger werde, den Lebensunterhalt zu bestreiten –selbst bei gutem Haushalten.
Kurzarbeit und der Wegfall von Minijobs dürften vielfach dazu führen, dass Raten, Schulden und Mieten nicht mehr bezahlt werden können, vermutet er. Auch wenn Geldsorgen durch die Coronakrise von der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen werden – „wer den Überblick über seine finanzielle Lage verloren hat, braucht Beratung und Unterstützung“, betont Rötering.