Foto: Christoph von Viràg/Abegg-Stiftung
Die Krone Hildegards, der Heiligen der Universalkirche und Kirchenlehrerin, wurde lange in Trier aufbewahrt.
Zeichen für starke Rolle der Frau
Von: Christiane Laudage | 1. März 2020
Die einzig erhaltene Nonnenkrone aus dem Mittelalter, die lange in Trier verwahrt wurde, haben Forscher nun Hildegard von Bingen zugewiesen.
Die heilige Hildegard von Bingen (1098–1179) zählt zu den einflussreichsten Frauen des Mittelalters. Selbstbewusst im Auftreten scheute sich die Äbtissin des Klosters Rupertsberg bei Bingen nicht, auch ungewohnte Wege zu gehen. Sie führte für die Schwestern Kronen ein, die sie an besonderen Festtagen trugen. Die für Hildegard geschaffene Krone ist jetzt im Museum der schweizerischen Abegg-Stiftung in Riggisberg identifiziert worden.
War das Stück bislang nur als die einzig bekannte und erhaltene Nonnenkrone des Mittelalters bekannt, so weiß man jetzt mehr – dank der Forschungen der Kuratorin der Stiftung, Evelin Wetter, und des Kunsthistorikers Philippe Cordez. Sie stellen in einer gemeinsamen Publikation die Krone, ihre Bedeutung und ihre abenteuerliche Geschichte vor.
Visionen mit Bildprogramm der Krone verbunden
Nach der Jahrtausendwende kam sie in den Besitz der Abegg-Stiftung, wo sie relativ schnell als Nonnenkrone identifiziert wurde. Cordez brachte die Visionen Hildegards in ihrem ersten Buch Scivias (Wisse die Wege) in Verbindung mit der in Riggisberg verwahrten Nonnenkrone. Und siehe da – die Beschreibung der Visionen entsprach dem Bildprogramm der Krone.
Gemeinsam mit Wetter arbeitete der Wissenschaftler heraus, dass die Kronen, die Hildegard damals unter großem Aufsehen und Kritik für die Schwestern einführte, für die starke Rolle der Frauen in der christlichen Gesellschaft ihrer Zeit stehen sollten. Die Kronen der Rupertsberger Jungfrauen sollten auf einer Ebene mit den Insignien der Kleriker etabliert werden – ein ehrgeiziges kirchenpolitisches Programm der Nonne und Visionärin Hildegard.
In Trier St. Matthias bis zum Jahr 1802 verwahrt
Nach dem Tod Hildegards 1179 kamen ihre Krone, ihr Schleier und Haarreliquien in die Benediktinerabtei Sankt Matthias in Trier, wo sie ehrfurchtsvoll verwahrt und immer wieder aus Anlass von Wallfahrten gezeigt wurden. 1802 wurde das Kloster aufgelöst, die Reliquien wurden in zwölf Kisten gepackt – „bis zur späteren Disposition der kompetenten Autorität“. Auf unbekannten Wegen kam die Krone nach Frankreich, bis sie 1999 in Paris versteigert wurde.
Schwester Klara Antons, die Archivarin des Klosters Eibingen bei Rüdesheim, war ebenso begeistert wie aufgeregt von der Entdeckung, wie sich Cordez erinnert, als er im Juni 2019 das Kloster besuchte. Die Abtei Sankt Hildegard in Eibingen steht in der Nachfolge der von der Hildegard gegründeten Klöster Rupertsberg und Eibingen.
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