Jan Böhmermann (Foto: Imago)
Auch Unsympathen haben Rechte
Von: Tobias Wilhelm | 11. April 2016
Satire darf eben nicht alles
Rechtsweg nicht blockieren
Das Problem: Die Bundesregierung muss ein derartiges Strafverfahren formal absegnen – und sieht sich aktuell mit unzähligen Appellen konfrontiert, den Rechtsweg doch bitte par ordre du mufti zu unterbinden. Beliebtes Argument: Erdogan verstoße ja selbst gegen die Menschenrechte sowie die Meinungsfreiheit und solle sich daher mal nicht so haben. Allein: Im Gegensatz zur Türkei, wo Erdogan nach Gutdünken Journalisten und politische Gegner kujoniert, kann sich hierzulande grundsätzlich jeder auf die Einhaltung geltender Gesetze berufen – sogar ein unbeliebter ausländischer Autokrat. Das ist keineswegs ungerecht, sondern Ausweis einer funktionierenden rechtsstaatlichen Demokratie. Merkel und Co. wären daher gut beraten, den Klageweg nicht mit einem politischen Veto zu blockieren, sondern eine juristische Klärung zu ermöglichen. Die Freiheit eines Staatswesens zeigt sich in einer funktionierenden Gewaltenteilung und nicht darin, dass man auch noch die übelsten Griffe unter die Gürtellinie unwidersprochen durchgehen lässt.
Mehr Respekt, weniger Verunglimpfung
Sollte Böhmermann wirklich belangt werden (mehr als eine Geldstrafe scheint dank der bewussten Überzeichnung schwerlich vorstellbar), wäre das nicht zuletzt ein Signal dahingehend, dass man sich selbst in Zeiten des Internets nicht jede ehrverletzende Verunglimpfung gefallen lassen muss – auch in Richtung der Kirchen und (christlichen) Gläubigen, deren Gutmütigkeit und falsch verstandene Toleranz in unschöner Regelmäßigkeit ausgenutzt wird. Etwas mehr Respekt im persönlichen, medialen und auch virtuellen Umgang miteinander würde allen gut zu Gesicht stehen – nicht nur Journalisten und Online-Foristen.
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