In Zeiten der Flüchtlingskrise und guten Konjunktur gerät ein Problem aus dem Blickfeld, von dem über eine Million Deutsche betroffen sind: Langzeitarbeitslosigkeit. Die Aktion Arbeit des Bistums will das ändern und sammelt Geld für 27 Fördermaßnahmen – jede Spende wird in diesem Jahr von Bischof Ackermann verdoppelt.
Seit fast 33 Jahren kümmert sich die Arbeitsloseninitiative der Diözese um Menschen, die es sehr schwer haben, eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle zu finden und oft jahrelang ohne reguläres Beschäftigungsverhältnis bleiben.
Und obwohl die Wirtschaftslage aktuell recht gut ist – laut offizieller Statistik sind in unserem Land über 2,9 Millionen Menschen arbeitslos, gut ein Drittel davon länger als ein Jahr. Die Zahl dieser Langzeitarbeitslosen hat sich in den vergangenen fünf Jahren kaum verändert – trotz guter Konjunktur und einer insgesamt hohen Zahl an Beschäftigten.
Viele Betroffene haben einen beruflichen Lebenslauf, der das eine oder andere Vermittlungshindernis enthält – etwa eine abgebrochene Schul- oder Berufsausbildung, gesundheitliche Schwierigkeiten, Suchtprobleme, das Fehlen eines Führerscheins oder sprachliche Defizite. Die Folge: Viele resignieren, fühlen sich abgelehnt, haben kaum Selbstbewusstsein. Sie geraten in einen Teufelskreis, der oft die ganze Familie finanziell, psychisch und sozial massiv belastet.
Der Aktion Arbeit liegt dieser Personenkreis seit ihrer Gründung besonders am Herzen. Doch die Rahmenbedingungen haben sich verschlechtert. Die Zahl der Menschen, die die Beschäftigungsinitiative des Bistums dauerhaft als Spender unterstützen, ist in den letzten Jahren zurückgegangen, und die Öffentliche Hand hat ihre Mittel zur Finanzierung von Beschäftigungsmaßnahmen seit 2010 um 50 Prozent gekürzt.
„Viele der Beschäftigungsträger, mit denen wir zusammenarbeiten, kämpfen ums Überleben – einige mussten bereits Insolvenz anmelden“, berichtet Andrea Steyven, Geschäftsführerin der Aktion Arbeit. „Diese Sparmaßnahme der Bundesregierung hat für die Betroffenen, die auf Hilfe angewiesen sind, katastrophale Folgen“, bestätigt Dr. Hans Günther Ullrich, der Bischöfliche Beauftragte für die Bistumsinitiative. „Langzeitarbeitslosigkeit ist ein Skandal, an den wir uns gewöhnt haben – mit einer Mischung aus Gleichgültigkeit und Resignation. Die Betroffenen haben keine Lobby. Das Gefühl, nicht gebraucht zu werden, macht sie fertig. Und wer sagt, dass sie an ihrer Lage selbst schuld seien, verkennt einfach, dass sie viele der Problemursachen nur bedingt beeinflussen können“, betont der Domvikar, der vor seiner Priesterweihe bei verschiedenen Wirtschaftsunternehmen tätig war.
Hinzu komme die Tatsache, dass die Themen Flucht und Asyl in der öffentlichen Wahrnehmung seit längerem alle anderen Probleme überlagerten. „Es ist schön, dass sich viele Menschen auch finanziell für die Flüchtlingshilfe engagieren – die Spenden für andere Hilfsbedürftige sind aber zurückgegangen“, sagt Steyven. Die Aktion Arbeit wolle daher das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit neu ins Bewusstsein bringen.
In diesem Jahr habe man sich deshalb entschlossen, über das gesamte Bistum hinweg 27 beschäftigungsfördernde Maßnahmen zu unterstützen – die Bandbreite ist enorm (vgl. Artikel unten rechts) und reicht von Qualifizierungsmaßnahmen in den Bereichen Pflege- und Hauswirtschaft über Umweltschutzprojekte und Ausbildungspatenschaften bis hin zur Förderung des Führerscheinerwerbs oder zur Errichtung eines Gemüsegartens, dessen Erträge der „Tafel“ zugutekommen sollen. Da man vermeiden will, hilfsbedürftige Flüchtlinge und Langzeitarbeitslose gegeneinander auszuspielen, gibt es in Betzdorf sogar ein Projekt, das beide Gruppen gleichermaßen fördert. „Bei der Vielfalt findet sicher jeder etwas, das er gerne unterstützt“, ist sich die Geschäftsführerin sicher.
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