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In der Nachfolge der Apostel Markus und Matthias

1990: Papst Shenouda in Tholey.
Foto: Archiv

Der gemeinsame Kampf gegen die Irrlehre des Arianismus hat die koptische Kirche Ägyptens auf besondere Weise mit der Kirche Triers verbunden.

Von Bodo Bost

Die Koptische Kirche ist die ursprüngliche Kirche Ägyptens, die bereits im 1. Jahrhundert vom Evangelisten Markus (62 n.Chr.), der in Ägypten missionierte, gegründet wurde. Der Name „Kopten“ (arab. „al.qipt“) geht auf das griechische „Aigyptioi“ zurück, ist daher gleichbedeutend mit „Ägypter“.

Der Heilige Markus, der erste Patriarch von Alexandrien starb im Jahre 68 n.Chr. als Märtyrer. Die Kopten haben dem Christentum, obwohl oder gerade weil ihre Kirche nie Staatskirche war, in mancherlei Prüfungen die Treue gehalten, erst Recht als ihr Land im 7. Jahrhundert durch die muslimischen Araber erobert wurde und ihre Kirche zu einer Minderheitenkirche wurde. Auch der Apostel Matthias († um 63) soll einen Märtyrertod gestorben sein, seine Gebeine kamen mittels der Kaisermutter Helena im vierten Jahrhundert nach Trier. Das gemeinsame apostolische Erbe schuf bereits ein erstes Band zwischen der koptischen Kirche und der Kirche Triers.

Ägypten erstes christliches Land und Wiege des Mönchtums

Ägypten war nicht nur eines der ersten christlichen Länder der Erde, sondern es war auch die Wiege des Mönchtums. In Ägypten entstand das christliche Mönchtum, als Mönchsvater wird der Hl. Antonios (251–356) angesehen. Neben ihm spielten auch der Hl. Pachomius, der Hl. Makarios, der Gründer der Klöster im Wadi El Natrun, und Anba Shenouda, Begründer des Einsiedlerlebens, beim Aufblühen des Mönchtums eine große Rolle.

Es gab hunderte von Klöstern, Tausende von Koinobien und Höhlen in den Bergen und Wüsten Ägyptens. Auch Johannes Cassianus, der Begründer des europäischen Mönchtums hat mehr als zehn Jahre unter den Vätern der ägyptischen Wüste gelebt.

Mitten in das Aufblühen des Mönchtums fielen jedoch die christologischen Streitereien, die die Kirche mit dem aus Ägypten stammenden Arianismus in arge Bedrängnis und schließlich zur ersten Spaltung führen sollte. Der heilige Markus war nicht nur der Gründer der ägyptisch-koptischen Kirche, er gründete auch die Theologische Schule von Alexandrien, die der Welt viele Gelehrte, unter anderem Klemens und den großen Origines, schenkte.

Athanasius, Paulinus und der Arianismus

Der gemeinsame Kampf des Athanasius von Alexandrien und Paulinus von Trier gegen die Irrlehre des Arius Die Theologische Schule von Alexandrien hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Kirche Ägyptens früh eine führende Rolle im theologischen Entwicklungsprozess der Kirche zufiel.

Hier lehrte auch der Hl. Athanasius der Große (* um 298 in Alexandria; † 2. Mai 373 ebenda). Er sollte wie kein anderer die Kirche von Ägypten mit der Kirche Triers verbinden. In seiner Jugendzeit kam er mit den Mönchen in der ägyptischen Wüste zusammen. Von ihnen lernte er Selbstdisziplin und eine Enthaltsamkeit, für die er sogar von seinen Feinden geachtet wurde. Bereits vor Ausbruch des arianischen Streits hatte er als Sekretär des Patriarchen Alexander von Alexandrien zwei Werke verfasst, „Gegen die Heiden“ und „Über die Inkarnation des Logos„, in denen sich die Inkarnation von Gott in Jesus Christus als zentrales Element seines Glaubens zeigt.

Als um 319 der Priester Arius, der ebenfalls aus Alexandrien stammte, zu lehren begann, dass es eine Zeit gab, in der Jesus Christus nicht existierte, und dass dieser erst später von Gott dem Vater gezeugt bzw. geschaffen wurde, begann Athanasius ihn zu bekämpfen. Athanasius hatte großen Anteil daran, dass auf dem Konzil von Nicäa 325 die Christologieformel festgeschrieben wurde, wonach Jesus Christus als Sohn Gottes mit Gottvater wesensgleich und nicht bloß wesensähnlich, wie Arius es lehrte, sei.

Verbannung und Konzile

Bischof Paulinus vor dem Kaiser. Ausschnitt aus dem Deckengemälde in St. Paulin, Trier.
Foto: Eugen Reiter

328 folgte Athanasius Alexander auf den Patriarchensitz von Alexandrien – im selben Jahr hob Konstantin I., der 312 von Trier aus die alleinige Macht in Rom errungen hatte, die Verbannung von Arius auf. Die Wahl Athanasius’ zum Patriarchen von Alexandria war in der ägyptischen Kirche, wo die Arianer sehr viel Sympathie genossen, nicht unumstritten.

Den Arianern gelang es mit Hilfe von Kaiser Konstantin 335 Athanasius nach Trier verbannen zu lassen, wo er bei Bischof Maximin freundliche Aufnahme fand. Nach dem Tod Kaiser Konstantins 337 ließen seine drei Söhne, viele wegen des arianischen Streits verbannten Bischöfe, so auch Athanasius, wieder zurückkehren. Aufgrund der wechselnden Erfolge und Misserfolge des Arianismus wurde Athanasius fünf-, möglicherweise siebenmal aus Alexandrien verbannt und wieder eingesetzt. Unter dem Druck des Arianerfreundlichen Kaisers Constantius II., der 350 zum Alleinherrscher des Reiches geworden war, hatte auch das Konzil von Arles 353 ohne die Anwesenheit des römischen Papstes für den Arianismus Position ergriffen.

Nur Bischof Paulinus von Trier (300–358), der Athanasius während seiner Verbannung in Trier kennengelernt hatte, wagte sich als einziger auf diesem Konzil gegen den Arianismus zu stemmen, woraufhin auch er in den Orient verbannt wurde. Die Auseinandersetzungen mit Arius haben den heiligen Athanasius von Alexandrien und den heiligen Bischof Paulinus von Trier im Bekennermut geeint, sie haben auch die beiden Kirchen von Trier und Alexandrien aufs engste miteinander verbunden.

Einem weiteren Kirchenvater aus Trier, dem Heiligen Ambrosius, Bischof von Mailand (339-397), war es schließlich zu verdanken, dass die Irrlehre des Arianismus besiegt wurde. Bei den ersten drei ökumenischen Konzilien (Nicäa 325, Konstantinopel 381, Ephesos 431) konnten sich die Alexandriner mit ihren theologischen Ansichten gegen die Lehren des Arius behaupten. Beim 4. ökumenischen Konzil von Chalcedon 451 wurde der Streit um die wahre Natur Christi gegen die Ägypter entschieden.

Kirchenspaltung und ökumenische Öffnung

Die koptische und andere altorientalisch-orthodoxe Kirchen hielten an der Lehre von den zwei Naturen in Christi nach Kyrillos von Alexandrien fest. Es kam zu einer ersten Spaltung der Kirche, die bis heute andauert.

Erst unter Papst Shenouda III. kam es seit 1971 auch wieder zu einer ökumenischem Öffnung der koptischen Kirche zur Kirche Roms. Am 12.2.1988 wurde im Schlußprotokoll des Dialogs zwischen der Katholischen Kirche und der Koptisch Orthodoxen Kirche im Kloster Anba Bishoy, Wadi Natroun, in Ägypten eine gemeinsame Christologieformel unterzeichnet, die die in Chalcedon manifestierten theologischen Meinungsverschiedenheiten nach über 1500 Jahren weitgehend ausräumt.

Die koptische Kirche in Deutschland und im Bistum Trier Die koptisch-orthodoxe Kirche wird als einzige Kirche neben der Kirche Roms von einem Papst geleitet, seit 1971 ist dies Papst Shenouda III. (87) als 117. Nachfolger des Heiligen Markus.

Von allen anderen orthodoxen und orientalischen Kirchen unterscheidet sich die Koptische Kirche durch ihre Jugendarbeit, und ihre sozialen Dienste. Sie hat sogar ein eigenes Bischofsamt für soziale Dienste und Ökumene. Unter Papst Shenouda haben diese Dienste eine besondere Förderung erfahren und zu einer markanten neuen Dynamik in der koptischen Kirche beigetragen.

Koptische Diaspora im Westen

Papst Shenouda III. hat der koptischen Kirche auch zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine Hierarchie in der Diaspora im Westen gegeben. Eine wichtige Rolle in der koptischen Diaspora spielt Deutschland, und hier wiederum die Kirche Triers. In Deutschland leben zwar nur etwa 6000 Gläubige, dennoch hat die Koptisch Orthodoxe Kirche in Deutschland mehr als 10 Gemeinden und zwei Klöster.

Das erste Koptische Kloster in Europa besteht seit dem Mai 1980 in Waldsolms-Kröffelbach im Taunus, als geistliches Zentrum der koptischen Kirche in der Diaspora. Dort betreibt die koptische Kirche Europas auch ihr theologisches Seminar. Im Jahre 1993 wurde in Brenkhausen bei Höxter ein zweites Kloster errichtet, wo Anba Damian als koptischer Diasporabischof seit 1995 seinen Sitz hat.

Koptische Kirche im Bistum Trier

Auch zum Bistum Trier versucht die koptische Kirche unter Papst Shenouda III. wieder an alte Verbindungen aus der Zeit der Kirchenväter anzuknüpfen. Die Mönche der Benediktinerabtei Tholey/Saar unterhalten seit der Wiederbegründung ihres Klosters 1949 sehr enge Kontakte zu den orientalischen Kirchen. Im Rahmen dieser Kontakte luden sie im Jahre 1990 Papst Shenouda III. auf seiner Deutschlandreise zur Einweihung der Klosterkirche in Kröffelbach in ihr Kloster ein, und übergaben ihm Reliquien des Kirchenpatrons, des Heiligen Mauritius, der von der koptischen und der katholischen Kirche als Heiliger verehrt wird. Der Bischof von Trier war zwar damals nicht nach Tholey gekommen, aber er hatte in der Person von Abt Makarios Hebler OSB einen würdigen Vertreter.

In Trier übergab man fast zur gleichen Zeit der kleinen koptischen Gemeinde, die sich in der Römerstadt wiederbegründet hatte, die altehrwürdige Welschnonnenkirche im Dombering zur liturgischen Nutzung. Die Kopten bedankten sich indem sie spontan bei der Heilig Rock Wallfahrt in Trier 1996 durch die Präsenz zahlreicher Bischöfe der Wallfahrt ein wahrhaft ökumenisches Gepräge gaben.

Ende der 1990er Jahre haben die Kopten im ehemaligen Kasernengelände von Bitburg Wohnraum und einen Gottesdienstraum erworben, wo heute die größte koptische Gemeinde in Rheinland-Pfalz, die nach dem nach Trier verbannten ägyptischen Kirchenlehrer Athanasius benannt ist, im Entstehen ist und ihre Gottesdienste feiert.

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat in einem Brief an Bischof Anba Damian nicht nur Grüße und Segenswünsche zum koptischen Weihnachtsfest übermittelt, sondern auch seine Bestürzung und Trauer über die schrecklichen Ereignisse in Alexandria zum Ausdruck bringt. Als konkretes Zeichen der Verbundenheit hat der Bischof den Generalvikar Dr. Georg Holkenbrink gebeten, ihn bei der Christnacht-Feier in Bitburg zu vertreten und ausdrücklich in seinem Namen an der Feier teilzunehmen.

Koptische Kunst im Museum

Das Textilkabinett des Stadtmuseums Trier präsentiert seit Sommer 2010 als eine ihrer Hauptattraktionen auf einer Büste eine Frau mit koptischem Kopfschmuck – eine Leinenhaube mit zwei schalartigen Verlängerungen – die vermutlich aus dem 6. Jahrhundert stammt und weltweit als das am besten erhaltene Stück seiner Art gilt. Der koptische Kopfschmuck gelangte als Teil der „Sammlung Rautenstrauch“ in den Besitz der Stadt Trier. 1896 waren der Stadt Grabfunde aus dem oberägyptischen Akhmim zum Kauf angeboten worden. Da die Stadt Trier nicht in der Lage war, die geforderte Summe aufzubringen, übernahm der Trierer Kaufmann und Kommunalpolitiker Wilhelm Joseph Rautenstrauch die Kosten und stellte die Sammlung anschließend der Stadt zur Verfügung. Rautenstrauch erhoffte sich durch den Ankauf Rückschlüsse auch auf die Geschichte seiner Heimatstadt. Er war davon überzeugt, dass die spätantike Mode der Kopten – der christlichen Bevölkerung Ägyptens – derjenigen in Trier entsprach.

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